Antwort auf die Besprechung meines Buches „Eigentum und Person“ durch Werner Imhof

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0. Ich nehme hauptsächlich Bezug auf die Anteile, die ein Angriff auf meine
Argumentation darstellen. Es gibt viele Aussagen bei Imhof, denen ich für sich nicht
widersprechen möchte. Allerdings haben sie meist mit meinen vorgelegten Inhalten
überhaupt nichts zu tun, sondern dokumentieren nur sein Missverständnis. (So etwa
die Passagen, wo er ausführlich Wesensbestimmungen von Arbeit und Wert,
Wertgröße und Produktionspreis, oder auch zur materiellen Organisation der
Arbeitswelt etc. vorbringt, die aber gerade nicht mein Thema und Inhalt sind.)
Schon vorab möchte ich gegen Imhof auch darauf aufmerksam machen, dass die
Reihenfolge in meinem Buch nicht dazu verleiten sollte, dass da einer „aus der
Semantik des allgemeinen, praktisch entleerten Begriffs auf die gesellschaftlichen
Verhältnisse schließen“(2) würde. Immerhin ist nach dem Abschnitt „Eigentum – was
es ist“ (HH, 9ff) im Gegenteil ein „Grund des Eigentumsverhältnisses“ (HH, 47ff) für
sich festgehalten, und also nicht die Notwendigkeit der Verwertung aus dem Eigentum
erschlossen, sondern umgekehrt die Notwendigkeit des Eigentumsverhältnisses
unmissverständlich als Folge der Verwertung von Wert dargelegt. (Ich wollte es sogar
zunächst bei dieser Ableitung dieser Verfügungsweise aus der Verwertung von Wert
bewenden lassen; allerdings hatten schon erste Diskussionen des Textes ergeben, dass
da kontrafaktisch ganz andere und divergierende Vorstellungen von dem kursierten,
was Eigentum überhaupt ist.).
Imhofs methodische „Erwartung“(1): „statt umgekehrt seinen Inhalt aus der Analyse
dieser Verhältnisse zu entwickeln und zu konkretisieren“ (2) ist also sicherlich zu
Recht „enttäuscht“(1), soweit es um die „konkreten Formen des Privateigentums“(2)
in dem Sinne geht, was da jeweils im Eigentumsverhältnis steht. Das liegt schon
daran, was das Eigentumsverhältnis selbst ist, hat aber auch damit zu tun, dass nicht
Gegenstände per se, sondern nur bestimmte – allerdings gegenständliche -
ökonomischen Formen ein solches notwendig machen.

Alles in allem muss also mein Buch noch bekräftigende Erläuterung erfahren, soweit
Anliegen und Durchführung einfach nicht verstanden, übergangen oder unwillig
fehlinterpretiert wurden.
Zu einer Beurteilung des in Imhofs Kritik dargebotenen theoretischen Hintergrunds
sehe ich mich insbesondere angesichts seines zusätzlich in Anschlag gebrachten
praktischen Maßstabs allerdings auch genötigt.


<2>
1. Die Kategorie des Eigentums
Mit ihr beginnen meine Darlegungen, mit dem Inhalt, der das Eigentum ubiquitär und
zeitlich anhaltend im Alltag unserer Gesellschaft(!) ist, den man also am Phänomen
Eigentum einfach zur Kenntnis nehmen kann.
Schon bei der Aufnahme der Tatbestände zum Eigentum tun sich mit Imhof
Differenzen auf:
Als erstes meint Imhof mir vorhalten zu müssen, dass Eigentum „immer und von
vornherein ... ein gesellschaftliches Ein- und Ausschließungsverhältnis“ sei, und „so
wenig der ´einzelne Mensch´ für sich allein existiert, so wenig kann der Besitz seiner
sieben Sachen für ihn allein schon Eigentum sein“(2). Zwar trifft mich dieser Einwand
gar nicht, so fragt man sich doch, warum er vorgebracht wird. Er meint wohl, damit
meine – erste – Bestimmung des Eigentums als Verfügungswillen der Banalität oder
Falschheit zu überführen.

Dem kann man entgegnen, dass es aber um die Präzision und Vollständigkeit wie auch
um die logische Folgerichtigkeit der einzelnen Bestimmungen von dem geht, was
Eigentum in dieser unserer Gesellschaft ist. Ausschluss der anderen Subjekte von dem
Gegenstand ist sicher eine für sich schon gesellschaftliche Bestimmung, die das
Eigentum ausmacht; das kennen die Leute auch allemal als gesellschaftliches
Verhältnis, aber nur, soweit sie ihr(!) Eigentum (!) gegen andere bewahren wollen
oder auch selbst von fremdem Eigentum ausgeschlossen sind.
Als erste (!) Bestimmung des Eigentums macht daher der Ausschluss keinen Sinn,
daraus muss nicht notwendig der Ein- oder Zusammenschluss des Gegenstands mit
einem Eigentumssubjekt folgen. Umgekehrt macht es Sinn, als erste Bestimmung den
Zusammenschluss des einzelnen Subjekts mit dem Gegenstand festzuhalten, weil
daraus der Ausschluss der anderen Subjekte logisch gefolgert werden kann.

Es geht ja durchaus darum, das Eigentum insgesamt, also auch und gerade die private
Zuordnung des Gegenstands zu einem einzelnen Subjekt als gesellschaftliche Tat erst
zu erweisen; da können wir doch nicht alle Gesellschaftlichkeit in der weiteren Teil-
Bestimmung des Eigentums (= im Ausschluss der anderen Subjekte) meinen schon
erledigt zu haben.
Das ist im Übrigen die (von Imhof wohl gar nicht verstandene) Pointe und das
Besondere an meiner Darlegung: Die private Verfügung, also das, was der bürgerliche
Mensch als sein intimes, angeblich – jenseits aller gesellschaftlichen
Ausschlusshandlung – nur ihn und den Gegenstand betreffendes
Verfügungsverhältnis kennt, als Folge eines gesellschaftlichen Verhältnisses zu
zeigen.

Diese dann „ausschließliche Verfügungsmacht“ (positiv das eine Subjekt ein- und
zugleich alle anderen negativ aus-schließend) ist jedoch – entgegen Imhofs
Vorstellungen – nicht etwa nur „allgemeinste und darum nichtssagende Definition
individuellen Privateigentums“, für sich „unbestimmter Rechtsbegriff“, der man nur
die „Vagheit“ einer „Worthülse“(2) bescheinigen kann. Diese Bestimmung wäre bzgl.
des Eigentums, wie es hier und heute existiert, praktiziert wird und rechtliche
Fixierung erfährt, gerade falsch, weil unzureichend, da die Macht über den
Gegenstand, die das Eigentum darstellt, ein spezifisches Verfügen ist, ein rein
willentliches, nicht handgreiflich zupackendes Verhältnis; das nicht umsonst erst mit

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Anerkennung im Recht und Setzung durch eine gesellschaftlich übermächtige Gewalt
materielle Geltung erfährt.
Eigentum ist eben der verfügende Willensbezug selbst, nackt und allein. Die
gesellschaftlichen Subjekte selbst trennen davon die praktisch zugreifenden
Verfügungen wie die konkreten Gegenstände, und nicht (m)eine nur „gedankliche
Abstraktion von allen konkreten Formen des Privateigentums“ (2). So wie sich z.B.
ein Eigentümer eines Fahrrads sehr sicher bzgl. seines Eigentumsbezugs ist, selbst
wenn er einen anderen Menschen damit herumfahren sieht und er es im Moment gar
nicht benutzen will. Und auch das ausgestaltete Recht selbst ist in sich gleichgültig
gegen konkreten Inhalt und materielle Konsequenzen seiner Setzungen im
sanktionierten Eigentum.

Diese Eigentumsbestimmung enthält also nicht zufällig in der Tat „nichts über das
Subjekt der Herrschaft, nichts über deren Objekt, die Art und Weise seiner Aneignung
und seinen Verwendungszweck, also nichts über die praktischen Beziehungen der
Menschen, die Form und Funktion ihres Eigentums prägen“. Aber offensichtlich fehlt
nur Imhof, aber nicht dem Eigentum selbst diese Konkretion „praktischer Bezüge“(2).
Eigentum ist eben das Verfügen selbst und pur, also gerade nicht, warum und was
einer hat, oder was er als bestimmter Mensch hat, und was er in der Gesellschaft dann
damit macht und bewerkstelligen kann. Das materielle Besitzen und Verwenden ist
vom Eigentumswillensakt getrennt, und ihm qua Ermächtigung nachgeordnet.

Entgegen Imhofs abwehrender Fassungslosigkeit („schließt er wahrhaftig“,2) ist beim
Eigentum sowohl das Subjekt wie auch das Objekt dieses Verhältnisses bzgl.
irgendwelcher materieller(!) Qualitäten für das Verhältnis selbst nicht von Belang. Das
macht sicher das Geheimnisvolle dieser damit eben eigenen gesellschaftlichen Sphäre
aus; die allerdings als Recht im wirklichen Leben wiederum allen (außer offensichtlich
Imhof) geläufig und selbstverständlich ist, und (entgegen Imhofs Vorstellung) auch ein
von allen „real praktiziertes Verhältnis“ (2) darstellt. Diese eigene Sphäre des Rechts
ernst zu nehmen, heißt auch, sie nicht mit (Sphäre und Elementen) der Ökonomie mit
all ihren vereinzelnden Gegenständen in eins zu setzen; noch sie nur als „Ausdruck“
der „getrennten und trennenden Formen gesellschaftlicher Beziehungen“ (1) der
Ökonomie zu nehmen; insbesondere wenn man den Grund für diese Rechtskategorien
in ihr ausfindig gemacht haben und nachweisen will.

 

2. Die Notwendigkeit dieser Sorte Verfügung Eigentum

Als logischer Grund des Eigentums in dieser seiner Abstraktheit ist von mir die
kapitalistische Verwertung ausgemacht. Also sollen deren ökonomische Momente und
Inhalte nicht (nur) als materielle „Konkretionen“ des Eigentums genommen werden;
sondern an ihnen sei die Notwendigkeit des Eigentums zu erschließen – aber eben
möglichst ohne das Eigentum in ihnen schon vorauszusetzen, vorzufinden, zu
unterstellen oder andere Momente von Eigentum selbst in ihnen zu verorten, was es
dann logisch unmöglich machen würde, das Eigentum daraus erst zu folgern.
Das bedeutet zunächst, dass die „gesellschaftliche Praxis“ Verwertung von Wert das
erste, für sich zu nehmende, darstellt, und die Verfügungsweise Eigentum davon
getrennt, als zweites, seine logische Folge, damit aber Eigentum als seine spezifische
Verfügungsweise behauptet wird.

<4>
Die Handlungen, in denen diese Verwertung von Wert von den Menschen willentlich
vollzogen wird, darum mag es also hier gehen. Diese Willensinhalte der Menschen
dabei sind, wie wir mit Marx ausdrücklich wissen, keinesfalls die von ihm
herausgearbeiteten Wesensmomente, weder der „Heißhunger nach Mehrarbeit“, noch
die „Verwertung von Wert“ oder der Wert selbst. Die Menschen kennen diese Inhalte
überhaupt nicht, noch sie als ihre Mittel und Zwecke; sie können sich schon von daher
nicht willentlich auf sie beziehen. Das sind in der Tat „analytisch erschlossene“
Kategorien (wie Imhof meint gegen mich vorzubringen zu müssen, 6). „Das Kapital“
heißt also nicht umsonst so. Es geht darin (nur) darum, wie ein bestimmtes
gesellschaftliches Verhältnis funktioniert, von dem die Gesellschaftsmitglieder keine
Ahnung haben; sowie dass dieser Inhalt sachlich ihnen gegenübersteht, und wie er sich
als Gegenständliches gibt. Dass aus diesen Wesensmomenten ein spezifischer, ihnen
gemäßer Willensakt folgt, und dass diese seine Subjektivierung das
Eigentumsverhältnis ist, soll und muss allerdings erst gezeigt werden.

Also dürfen wir uns als Produktionsverhältnisse und Verwertung von Wert nicht diese
Wesensinhalte, sondern müssen uns schon die Formen vornehmen, wie die
Produktionsverhältnisse sich den handelnden Subjekten geben, als die sie sie nehmen.
Dagegen kann man nicht wie Imhof setzen, dass etwa Geld aber doch eigentlich
„dinglicher Ausdruck gesellschaftlicher Produktionsverhältnisse“, und überhaupt auch
der Wert nur „die gegenständliche Darstellung“ von etwas Gesellschaftlichem ist (4);
und dass diese wesentlichen Inhalte kritikablerweise „außerhalb seiner Betrachtung“
(18) liegen; gerade, wenn es für sich und auf der Wesensebene korrekt sein mag.
Insofern betreffen mich diese (meisten) Ausführungen Imhofs zum Kapital überhaupt
nicht. Sie dokumentieren vielmehr nicht nur das Unverständnis Imhofs mir gegenüber,
sondern auch bezüglich dem, was in „Das Kapital“ überhaupt festgehalten ist.

In „Das Kapital“ gibt es zwei kategoriale Momente, wo diese sachlichen Inhalte einen
Übergang finden in menschliche Willensinhalte und Zweckkalkulationen, also
menschliche Subjekte sich auf sie als Sachen, also ihr Mittel beziehen; die sie aber
entgegen dieser Umgangsweise der Menschen mit ihnen, – wesentlich – gar nicht sind.
Das eine kategorial sich ergebende Subjekt ist der „Warenhüter“, sein Mittel ist der
gesellschaftliche Wertanteil (und somit die gesellschaftlich notwendige Arbeit, jenseits
der weiteren Entwicklung der ökonomischen Kategorien Wert, Produktionspreis, oder
letztlich Preis), der in dem Warenkörper steckt, sein menschlicher Zweck ist ein
ebenfalls gegenständlicher Gebrauchswert, den er damit erstehen will.
Das andere Subjekt stellt der „Revenuequellenbesitzer“ dar, sein Zweck ist die aus der
Verwertung von Wert resultierende Revenue, das Einkommen aus seiner
Revenuequelle, mit dem er sich seine (Gebrauchswert-)Wünsche erfüllen kann.

Wenn man sich den Warenhüter in seinem Bezug auf seinen Gegenstand ansieht, zeigt
sich, dass da zwar ein Haben vorliegen muss, aber kein derart abstrakter Bezug auf
den Warengegenstand notwendig ist, wie wir es im Eigentum vorfinden. Er kann(!) –
aus den sachlichen Bestimmungen der Ware heraus (!) – noch als Mensch ein materiell
zugreifendes Verhältnis zu der Ware in seiner und ihrer Körperlichkeit einnehmen,
auch wenn es nicht sein Gebrauchswert ist, den er als Verkäufer im Warenkörper in
Händen hält. Er hat aber sowohl Gebrauchswert als auch Tauschwert im
Warengegenstand in Händen. Dass umgekehrt heute alle Waren auch(!) im
Eigentumsverhältnis stehen (müssen), heißt eben nicht, dass die Ware selbst ein
Eigentumsverhältnis notwendig macht. Es bedeutet allerdings, dass dieses Stehen im
Eigentumsverhältnis auf anderem Weg doch eine Begründung erfahren muss.

<5>
Mit der Warenform allein und für sich(!) ist andererseits sowieso auch nur bedingt
Verwertung gegeben, eben nur weil umgekehrt der Heißhunger nach Mehrarbeit ganz
offensichtlich in Warenansammlungen resultiert.

Die andere Subjektivierung der sachlichen Inhalte, und zwar eindeutig eines
kapitalistischen Produzierens, ist in den „Revenuequellenbesitzern“ entwickelt. Die
Willensakte dieser Subjekte, die in „Das Kapital“ (III) als Ergebnis der Verwertung
von Wert resultieren, sind allesamt keine Tauschakte, sondern Verleihakte.
Das ist das Gegenteil von der Unterstellung Imhofs, dass diese Verleihakte bei mir
„wahrer Beweg- und Erklärungsgrund des Verwertungsprozesses“ (3) sind.

Das Verständnis des Stellenwerts der Marxschen „trinitarischen Formel“ ist bei mir
und Imhof also wohl etwas verschieden. Sicher hat Marx in ihr die Falschheit der
Vorstellung gegeißelt, (mehr) Geld erwüchse aus dem Geld selbst, und hier sogar die
abgeschlossenste Fetischisierung der bürgerlichen Ökonomie verortet. Aber zugleich
enthält die Sphäre der trinitarischen Formel für ihn die (abschließenden, wenn auch
noch ökonomischen) Formen, in denen die Verwertung des Wert (!) von den
menschlichen Subjekten notwendig (!) ausgeführt wird; die Formen, in denen sie ihre
Teilhabe am kapitalistischen Produktionsprozess vollziehen. Alles in allem haben wir
damit nur die „Subjektivierung“ dieser besonderen gesellschaftlichen Inhalte. Hier
zeigt sich nicht nur, dass, sondern auch wie und welche Willensakte dabei vorliegen
(müssen), damit Verwertung stattfindet und doch jeder teilhabende Mensch ohne
Unterschied und Unwillen – auch der Arbeiter – aus selbstbezogenem Interesse dabei
mitmacht.

 

3. Revenuequellen – Verleih oder Verkauf

Zunächst Stellungnahmen zu einzelnen Kritikpunkten Imhofs:

  • Verleih ist „nur besondere Form des Austauschs“ (3)

Wenn man als Durchführungsakt der Verwertung von Wert einen Verleih identifiziert,
ist man sicher genötigt, diese gesellschaftliche Willenshandlung in Beziehung zum
allseits dafür verantwortlich gemachten Tauschakt zu klären. Der unmittelbar
schlagendste Hinweis ist der tatsächlich durchgesetzte, unterscheidende
Sprachgebrauch für diese Inhalte, den Imhof auch kennt: Ein Verkauf auf Zeit, wie
Marx den Sachverhalt konzipierte, ist und bleibt nur eine andere Bezeichnung für
Verleih, ist inhaltlich als Transaktion ein Verleih – wie er es für die Gegenstände Geld
und Natur als Einkommensquellen auch so bestimmt.

Wenn aber – wie Imhof meint – ein Verleih gerade bei den Revenuequellen als
besondere Form von Verkauf vorgestellt wird, also ein identischer Inhalt damit
festgehalten sein will, kommt man nicht umhin, den dabei verhandelten Gegenstand zu
wechseln. Denn das, was verkauft ist, kann nicht zugleich verliehen sein, und was nur
verliehen ist, ist eben nicht verkauft und endgültig weggegeben. Marx nimmt den
Unterschied schon zur Kenntnis, indem er beim Geld als verliehenes auch von seiner
Kauf- und Verwertungskraft als verkauften Gegenstand schreibt, und beim Verleih
von Natur einen Verkauf von Naturkraft erkennt. (Und im Übrigen aus der
Verwertung von Natur – zumindest für die Differentialrente – deren Handelbarkeit als
kapitalisierte Revenue erschließt).

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  • „Abstrakte Verfügungsverhältnisse“/ Verleih „den Austausch voraussetzen, und                                                                                                                     zwar den Austausch kapitalistisch produzierten Waren“ (3)

Tausch, Verleih und Eigentum mögen geschichtlich in verschiedener Abfolge
aufgetreten sein, allseitig im Hier und Heute sind sie gleichzeitig vorkommende
Willensakte der bürgerlichen Gesellschaft. Was davon logische Voraussetzung der
jeweilig anderen ist, ist an ihnen selbst nicht unmittelbar kenntlich, ist also
(höchstens) theoretisch zu erschließen. Marx hat mit der Abfolge seiner
Kategorien: erst Ware und Tausch, dann daraus Verwertung, bis hin zu Kredit und
Verpachtung, einen fragwürdigen Weg eingeschlagen. Auch denkbar und
vielleicht sinnvoller ist die umgekehrte Abfolge: Als Ergebnis des Mehrarbeit
einschließenden Produktionsprozesses, zu dem der Unternehmer ebenfalls ein
abstraktes Verfügungsverhältnis einnehmen muss, hat er fertige Produkte in
Händen. Diese Produkte muss er aus diesem abstrakten Verfügungsverhältnis
entlassen, will er ihren gesellschaftlichen Wertanteil und damit seine Revenue
realisieren; so und deshalb kommt das Eigentumsverhältnis über die Produkte, und
der Verkauf wird über den Tausch als Ware hinaus ein Wechsel nicht nur der
Gegenstände in Bezug auf die materiellen Besitzer, sondern der
Eigentumsverhältnisse.
(also von wegen Verschonung der „Elementarformen der bürgerlichen
Verhältnisse“ (3), damit wäre der Tausch auch als Durchführung der Verwertung
genommen, als seine Form von Willensakt, und eben selbst nicht als die
Verwertung notwendig machende Willensform.).

  • „Doch das Leihkapital ist keine Voraussetzung kapitalistischer Produktion                                                                                                                       sondern im Gegenteil eines ihrer ständigen Resultate, sobald sie einmal etabliert ist.“ (3)

Imhof meint hier, ich würde fälschlicherweise sowohl den Verleihakte von Geld,
Natur und auch Mensch zur „Voraussetzung der kapitalistischen Produktion“
(3+6) erklären. Dazu ist einerseits oben zum systematischen Charakter von „Das
Kapital“ bis hin zum Stellenwert der Revenuequellen dabei nur fast alles gesagt.
Andererseits haben wir nämlich zum einen in den Revenuen in Form von Geld die
Möglichkeit, mit diesem wieder in den Verwertungsprozess einzutreten.
Des weiteren haben wir mit den „Revenuequellenbesitzern“ in der Tat Subjekte,
die nichts von der Verwertung von Wert – dem Inhalt bürgerlichen Wirtschaftens –
wissen (müssen), und so sich aus anderen Beweggründen immer wieder in ihre
Mühle begeben. Sie nehmen die Verhältnisse nicht als Gewalt und
„allgegenwärtigen Zwang“(11), also Negation ihres Willens. Sie lassen sich aus
Revenue-Interesse positiv auf sie ein, und initiieren und betreiben sie so auch
immer aufs Neue… Gerade damit haben wir Subjekte, die bei diesem Prozess mit
Bewusstsein und Willen tätig sind, ihn aber dennoch ohne Bewusstsein von ihm(!)
vollziehen. So kann er allerdings den von ihren Willensinhalten getrennten Grund
für eben diese überhaupt nur abgeben.

 

Nun zur Unterstreichung meiner Sichtweise des Sachverhalts:

Alle Gegenstände, die da verliehen werde, sind Revenuequellen nur, soweit sie
verliehen werden. Als Gegenstände, die materiell vorliegen und besessen werden, sind

<7>
sie keine Revenuequellen, sondern allein als verliehene. Über den Verleihakt, dieser
Willenstat, werden sie – in diesen entsprechenden gesellschaftlichen Verhältnissen –
zur Revenuequelle. Dieser kondensierte Verwertungsprozess, den die Revenuequellen
darstellen, erfordert also eine willentliche Bezugnahme auf diese Gegenstände Geld,
Natur und Mensch. Und nicht nur irgendeinen Willensbezug, auch nicht allgemein den
der Zuordnung („meins“), nicht einmal einen der abstrakten Verfügung zusammen und
neben der materiellen, sondern getrennt von ihr, durchgeführt über die leihweise
materielle Weggabe des Gegenstandes. (So erweist sich auch die noch der
Tauschvorstellung verhafteten Bezeichnung „Revenuequellenbesitzer“ als unlogisch:
Soweit der Gegenstand materiell besessen wird, ist er gerade keine Revenuequelle,
sondern nur, wenn ein abstraktes Verfügungsverhältnis zu ihm eingenommen wird.)

Die in den Verfügung über Revenuequellen sich darstellenden Subjekte sind als
abschließende Resultate der Verwertung von Wert noch sehr typisierte Gestalten und
diesen Vorgaben noch verhaftet. Sie sind das, was Imhof aber nur für Wert und
Produktionspreis geläufig ist, „analytisch erschlossene“ Kategorien, „die als solche gar
nicht rein in Erscheinung treten“(6). Sie sind also Subjekte der Verwertung, die durch
ihr vorgegebenes Mittel doch eine Festlegung erfahren, insofern noch
Charaktermasken. Das Vorfinden ihrer Eigenheiten an den „wirklichen Menschen“
wird also brüchig bis bunt sein müssen.

Die Menschen, die über Revenuequellen verfügen, sind als besondere Individuen nicht
nur bzgl. der Verwendung der Revenue frei, setzen sie also nach ihrem Gutdünken und
Bedürfnis ein. Auch im Einsatz ihrer jeweiligen Gegenstände, über die sie (zunächst
und vor dem Verleih materiell) verfügen, sind sie frei, setzen sie also nach der
Kalkulation der Optimierung ihres Wohls ein. Sie können von einem Verleih auch
absehen, sie als Gegenstände materiell benutzen, für sich oder auch für andere
Menschen. Natur lässt sich sogar komplett verkaufen (– wie wir mit Marx wissen,
allerdings nur, weil sie generell Quelle von Revenue ist). Soweit sie sie aber
einbringen (müssen) in die Ökonomie, die sie heute vorfinden, in der Art, dass sie
Geld dafür gewinnen wollen, also wenn sie regelmäßiges Einkommen damit erzielen
wollen, dann müssen sie diese Gegenstände leihweise aus der Hand geben. Und
erringen damit und erst darin das abstrakte Verfügungsverhältnis zu diesen
Gegenständen, als was wir das Eigentumsverhältnis kennen.

Des weiteren können von dem selben Menschen diverse Eigentumsverhältnisse
eingenommen werden, nicht nur zu Gegenständen derselben Kategorie (Geld,
Grundstücke.. ), sondern aller Kategorien und Arten. So mag realistischer Weise auch
ein Arbeiter ein Grundstück und Haus sein eigen nennen, sowie ein Sparkonto, und
dennoch auch sich als Leihgabe feilbieten (müssen). Selbst der „Unternehmer“ wird
(gerade im „Mittelstandsbereich“) so möglicherweise alle vier verschiedenen
Charaktermasken in seinen ökonomischen Handlungen und Kalkulationen gemischt
und sogar gegensätzlich vollziehen. So mag er Eigenkapital wie auch Kredite und
stille Teilhaber, sich auch als GmbH oder AG organisiert haben, wohl hat er
Bankkonten, auch Grund und Boden, aber auch Pachtverhältnisse, Maschinen und
Mitarbeiter, dazu noch viel selbst arbeiten, einschließlich (mehr oder weniger
distanziert und delegiert) den Produktionsprozesses organisieren – und doch wird er
alle Kalkulationen dieser vier verschiedenen kategorialen Figuren durchexerzieren und
summarisch für sich zu einem Handlungsprofil werden lassen...
Das alles tut aber den kategorialen Qualitäten, die mit den Revenuequellen erfasst
sind, keinen Abbruch.

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4. Verleih des Menschen oder Verkauf der Arbeitskraft ?

Besonders kritisch nimmt sich Imhof den Handlungsakt des Lohnarbeiters vor, mit
welchem Gegenstand und wie mit einem solchen der Lohnarbeiter in den Handel mit
dem Unternehmer tritt. Dabei referiert er nur wiederholend die Marxsche
Darstellungsweise und hat überhaupt kein Verständnis für meine korrigierende
Sichtweise des Sachverhalts.

Zunächst zu Imhofs Einwänden:

  • ·Wird von Imhof bzgl. des Verleihs der Gegenstände Geld und Natur noch heftig                                                                                                          bestritten, dass diese Transaktionen die Art der Teilhabe ihrer Eigentümer am                                                                                                                      Verwertungsprozess darstellen, so mag er das für die Transaktionen der Lohnarbeit                                                                                                             nur bekräftigen („nähert sich Haslbauer endlich dem Verwertungsprozess selbst“,7).

Auch hier gilt aber – entgegen Imhofs Vorstellung – , dass auch die
Revenuequelle, die der Mensch als verliehener darstellt, den Verwertungsprozess
im Rücken hat, der Willensakt auch in Bezug auf diesen Gegenstand also als seine
Folge anzusehen ist.
Andererseits haben wir darin doch die besondere Form des Willensbezugs, mit
dem der Lohnarbeiter am Verwertungsprozess teilhat, gerade auch weil Wert- und
Mehrwertproduktion für sich keine Willensinhalte darstellen.

  • „Haslbauer trennt die Begriffe Kraft und Potenz von der menschlichen Physis, der sie                                                                                                                 doch nur als Attribute zugeschrieben sind.“ (7) Vielmehr sei nicht nur die schlichte                                                                                                               Arbeitsfähigkeit ohne weitere Bestimmung, sondern mit ihr immer eine„bestimmte                                                                                                  Arbeitskraft mit bestimmten Qualifikationen“(8) überantwortet.

Wenn da nur von menschlichen Physis und Eigenschaften die Rede sein kann und
soll, kann man sie doch gerade als diese nehmen und feststellen, mit welchem
Willensakt sie dem Produktionsprozess zugeführt wird. Auf die Hilfskonstruktion
der „Möglichkeit“ und „Potenz“, die in dieser Physis schlummern mag, kann man
verzichten. Für die Heranziehung dieser „Kraft“ des Menschen spricht nur die
Marxsche Vorwegnahme eines Willensmoments des Tauschs, wo von Verwertung
noch gar nicht die Rede ist und sein kann.

  • Imhof gesteht zwar zu, dass „die dem Menschen eigene Arbeitskraft kein Gegenstand“(9) ist.

Er weist aber zurecht darauf hin, dass da doch materiell eine
Veränderung an dem arbeitenden Menschen stattfindet, während er arbeitet:
„Jeder Arbeiter könnte ihm ein Lied davon singen, wie seine Arbeitskraft
schwindet, je länger und intensiver er sie verausgabt“(7).
Nicht nur das Arbeitsprodukt entsteht beim Produktionsprozess, auch der Arbeiter
ist nach der Produktion nicht mehr derselbe. Er muss sich ausruhen, entspannen,
erholen, schlafen und essen etc.pp.. Das sind einerseits biologische
Bedürftigkeiten, die prinzipiell unabhängig vom Arbeits- und Verwertungsprozess
gelten. Ein Mehrbedarf an Reproduktion nach Lohnarbeit als bei freier

<9>
Lebenstätigkeit ist zwar vorstellbar, aber auch gerade mit Marx´ Vorstellung eines
Verkaufs der Arbeitskraft qualitativ oder quantitativ nicht eindeutig bestimmt.
Umgekehrt bietet der Verleih des Menschen da klarere Auskünfte. Zwar ist die
Grenze zwischen Gebrauch und Verbrauch des verliehenen Gegenstands nur beim
Geld eindeutig, und sowohl bei Natur als auch beim Menschen sicherlich immer
strittig. Gerade deshalb gibt es allerdings Kompensationen für künftige
Ertragsminderung (Dekapitalisierung) wie Zulagen für erhöhte
Wiederherstellungskosten als gesonderter (wenn auch ewiger und variabler)
Bestandteil von rahmentariflichen wie berufgenossenschaftlichen Abmachungen.

  • Der Gedanke eines Verleihs des „ganzen Menschen“ will Imhof nicht in den Kopf,                                                                                                                  ihm ist es schlicht „in der wirklichen Welt befremdlich, wenn sich ein Mensch                                                                                                    komplett...verleihen würde“. Als Argument für die Unmöglichkeit fällt ihm dann ein,                                                                                                               dass „in einem solch extremen Fall der Selbstentäußerung bliebe der Mensch                                                                                                                         immer noch ihr Subjekt und vor- wie nachher Eigentümer seiner selbst“ (10).

Auch hier will er den Verleih gar nicht ernst, sondern nur als Abart von Verkauf
nehmen. Im Verleih von sich ist eben der Mensch nicht vor (oder nach) der
Produktion, sondern während des Produktionsprozesses sein eigener Eigentümer –
aber nur, soweit er zugleich das abstrakte Rechtssubjekt aus sich heraus setzt.

  • Für Imhof bleibt diese abstrakte Rechtspersonalität aber irreal, nur ausgedachte                                                                                                       „Schizophrenie“, „Verdoppelung seines Selbst“, die darin tatsächlich vollzogene                                                                                                                 „Spaltung“ „gestaltlose Halluzination“, nur „gedankliches Gespenst“ (11) - also                                                                                                                        ein Unding: „Der wirkliche Mensch muss sich nicht mental verrenken und ´von                                                                                                                      sich abstrahieren´, um sich als Lohnarbeiter zu verdingen“ (11).

Es reicht im Kapitalismus aber nicht, wenn Arbeiter nur Arbeit leistet, er wird als
Rechtsperson seiner selbst neben sich treten und als solche einen Arbeitsvertrag
eingehen, und in diesen sich selbst einbringen müssen.

Die von mir favorisierte Willensform eines Verleihs dabei will Imhof also auf
keinen Fall gelten lassen. Er beharrt auch hier darauf, dass „Verleih ...gegen Geld
nichts anderes ist als eine befristete Form des Warentauschs“ (7).
Er stellt nur vorgeblich die Bezeichnung Tausch bei der Arbeitskraft zur
Diskussion (8), jedoch lehnt er es ab, da „jedweden Tausch zu bestreiten“ (8).
Von meiner Seite wird zwar die „Bezeichnung Verkauf der Arbeitskraft“ durchaus
gelten gelassen, aber mit der Einschränkung, dass gewusst und im Auge behalten
bleiben sollte, was da überhaupt Gegenstand des Willensbezugs der Kontrahenten
ist und sein kann, damit Einigkeit der Verhandlung über ihn überhaupt stattfinden
kann. Ein Arbeitsvertrag, also der Willensinhalt, auf den sich die
Transaktionspartner einigen, enthält aber in der Regel keine Rede von
„Arbeitskraft“, sondern nur die Bestimmung, wo, wann und wie der Mensch sich
zur Ausführung von Anweisungen des Unternehmers einzufinden hat.

<10>
Leider noch einmal und wiederholend alle Argumente gegen einen Verkauf speziell
bei der Lohnarbeit:

  • Verkauf auf Zeit ist im allgemeinen Sprachgebrauch ein Verleih.
  • Ein Verkauf der Arbeitskraft enthält kein Element der Begrenzung des                                                                                                                                    verkauften Inhalts: Es kann die Arbeitskraft auf Lebenszeit, aber auch die des                                                                                                                               Tages gemeint sein. Der Verleih enthält dahingegen sowohl eine Zeitdimension,                                                                                                                    als auch die Beschränkung auf den Ge-brauch unter (nur prinzipiellem) Verbot                                                                                                                       des Ver-brauchs des verliehenen Gegenstandes. (Gerade weil der Mensch als                                                                                                               Ganzer verliehen und ge-braucht wird, ist der Ver-brauch der Arbeitskraft darin                                                                                                             eingeschlossen!; ad S.13. Dass der Gebrauch des Arbeiters oft in seiner                                                                                                                    Ver-nutzung zu resultieren droht, gehört zur Ausgestaltung des Interessengegensatzes).
  • Es liegt bei der Lohnarbeit (im Gegensatz zu den anderen Einkommensquellen)                                                                                                                         auch eine Überantwortung und Schuldung des Willensmoments dabei vor, die                                                                                                                         es verbieten, von einer Übertragung nur einer Möglichkeit (= Kraft) des Menschen                                                                                                                     zu sprechen, die ja einer willentlichenAuslösung noch bedarf.
  • Der Gegenstand der Transaktion muss allerdings damit ein anderer werden,                                                                                                                    gerade um den Inhalt der geleisteten Arbeit mit der Form der Transaktion in Einklang                                                                                                             zu bringen. Es ist einerseits der gesamte Mensch, der Mensch in seiner körperlichen                                                                                                                 und geistigen Gesamtheit, der verliehen werden muss. Andererseits mit einer                                                                                                               solitären, vorbehaltlichen wie unbedingten Ausnahme: Der abstrakte Wille zu diesem                                                                                                   Menschsein als Eigenem, das abstrakte Willenssubjekt dieses ihm zugeordneten                                                                                                        Gegenstandes Mensch muss davon ausgenommen sein.
  • Die Systematik von Marx selbst lässt alle (anderen) Revenuequellen zu eben solchen                                                                                                          werden durch einen Verleih eines Gegenstandes, und nur beim Gegenstand der                                                                                                                         Transaktion des Arbeiters wird eine für sich unverständliche Ausnahme gemacht.

 

5.  Person

Unsere sprachliche Konvention kennt zwei Hauptbedeutungen für Person. Die eine ist
der Mensch mit seiner Vielfalt von Eigenheiten und Strebungen, auch gerne
emphatisch bezeichnet als Persönlichkeit. Wenn Imhof meine eindimensionale Person
einer Kritik unterzieht, schwebt ihm eher diese Fülle einer umfassenden Subjektivität
vor, etwa in Hinsicht einer „zwischen Eigennutz und Empathie schwankende
bürgerliche Subjektivität“(1); und „Seine Subjektivität äußert sich... in
unterschiedlichen, auch widerstreitende Interessen...Deshalb ist sie aber im Gegensatz
zu der Haslbauerschen ´Person´ auch einer Entwicklung fähig.“ (11)

Der andere, engere Inhalt, die mit der Bezeichnung Person befördert wird (und von
mir begründet zu werden beansprucht wird), ist die Rechtsperson, das (menschliche)
Subjekt in seiner rechtlichen Stellung, seiner gesellschaftlichen Anerkanntheit, die
punkthafte Instanz am Menschen, die seine rechtlichen Beziehungen vollzieht. Sie ist
eine sehr reduzierte, reine und auch invariable Willensinstanz am Menschen,
abstrahiert von allen (anderen) menschlichen Eigenschaften, so dass sie (als juristische
Person) sogar getrennt vom Menschen Existenz haben kann. So eine Rechtsperson
pflegt, auch wenn sie im Menschen sich darstellt, nicht materielle Beziehungen zu

<11>
anderen Menschen oder Dingen, sondern davon getrennte rechtliche. So bezieht sich
ein solches Rechtssubjekt auf andere Menschen ebenfalls nur als Personen, und auf
Dinge als Sachen (wie es die Juristerei in ihrem Metier ausgestaltet). Obwohl dieses
Rechtssubjekt einen reduzierten Inhalt von Subjektivität verkörpert, ist doch der
vielgestaltige Mensch sehr durchdrungen, geprägt und sogar dominiert von dieser
Instanz.

Mit meiner Begründung (nur) dieser „wirklichen“, durchaus vorfindbaren
Rechtsperson aus dem „Heißhunger nach Mehrarbeit“ ist also zwar nicht alle
Subjektivität des Menschen erklärt, aber doch seine Rechtssubjektivität, auf die der
bürgerliche Mensch sogar viel hält, und von der er bisher offensichtlich keinesfalls
lassen will.
Entgegen der landauf-landab und ganz selbstverständlich von allen Menschen so
ausgeübten rechtlichen Umgangsweise miteinander, hält Imhof diese abstrakte Person
aber für mein ganz eigenes „Konstrukt“(10), „eine begriffliche Fiktion“(11), nur
meine idiotische „Abstraktion vom konkreten Menschen“(10), die „ideelle
Absonderung seines eigenen Kopfes“(11).

Des Weiteren unterstellt Imhof auch hier (wie beim Eigentum) eine Begründung des
Willens zur Lohnarbeit aus diesem von mir nur imaginierten Subjekt: „Was ihn treibt,
ist nicht sein verselbständigter Wille, sondern der allgegenwärtige Zwang der
getrennten Produktionsverhältnisse und der trennenden Austauschbeziehungen“ (11).
Zum einen treibt ihn nicht die Person, aber er nimmt das Personsein als Mittel, sein
Wohl zu verfolgen – und irrt sich eben sehr damit. Wenn das mit dem Zwang
andererseits so wäre, müsste eine Linke jeder Couleur es wirklich leichter haben. Es ist
aber wohl so, dass diese Produktionsverhältnisse gerade in seinen rechtlichen Formen
von (fast) allen gewollt werden.

 

6. „Begriffshoheit“(1) und „praktische Obsoletheit“ (19)

Einen Gegenstand begrifflich sich vorzunehmen, seinen Inhalt zu begreifen, unterstellt
ihn als existent, und zudem offensichtlich getrennt von anderen Gegenständen. Die
Phänomene Eigentum und Person, die wir in unserer Gesellschaft vorfinden, mögen da
Fragen aufwerfen, sind es doch Inhalte, die zwar jedermann (außer wohl Imhof) in
einer von der Ökonomie getrennten Sphäre, dem Recht wahrnimmt und betätigt, und
insgesamt sogar dem Kapitalismus zuordnet. Aber wie und warum Eigentum und
Recht sind und zugleich zum (auch ökonomischen) Kapitalismus gehören, will schon
keiner so genau wissen. Noch wollen weder die bürgerlichen Befürworter noch die
linken Kritiker am Eigentum selbst und überhaupt ihr Dafür oder Dagegen darlegen.

Mit der Bestimmung dessen, was wir als Eigentum und Person in unserer Gesellschaft
zur Kenntnis nehmen, werden den Menschen, die diese Willensinhalte praktizieren,
diese weder genommen noch, etwa als ganz fremde, aufoktroyiert. Wenn die
Willensinhalte Eigentum und Person in den gewählten Bestimmungen und ihren
Begründungen nicht logisch nachvollziehbar getroffen wird, ist es eben nicht deren
Begriff und die Rede davon kann sich nur lächerlich machen (was Imhof ja in diesem
meinem Fall wohl meint). Allemal wird mit dem Eigentumsbegriff nicht der Bereich
menschlicher Willensakte gefasst sein wollen und können, wo die Menschen gerade
nicht einen Eigentumswillen praktizieren. Also wird mit diesem Begriff bestenfalls die
bürgerliche Subjektivität“, also das Bürgerliche im Willenshaushalt der Menschen

<12>
identifiziert sein. Es wird damit nicht jegliche Subjektivität erfasst sein können, bis hin
zu allen möglichen „Entwicklungen in den gesellschaftlichen Beziehungen wirklicher
Individuen“(1) (wo vielleicht die Beweggründe für Veränderung wachsen), wie Imhof
sie in meinem Buch vermissen will. Allerdings wird erst mit diesem Begriff die
bürgerliche Subjektivität klar von anderen, etwa natürlichen, traditionellen oder auch
kulturellen Momenten von Subjektivität unterschieden werden können.
(Die Kategorie der Ware wird ja auch nicht etwa unwahr, nur weil sich die Menschen
auch mal was schenken.)

Nun enthält der – von mir beanspruchte – Begriff der Sachverhalte Eigentum und
Person – oder genauer: der durch deren Begründung erweiterte Begriff - allerdings
auch die Erkenntnis, dass bei aller Willentlichkeit dabei, es beim Eigentum wie auch
der Person nicht weit her ist mit der Freiheit des Willens, dass also ausgerechnet über
sie und in ihnen sich die „ökonomischen Zwänge“ der kapitalistischen Verwertung als
Taten von menschlichen Subjekten vollziehen.
Diese gesellschaftliche Festgelegtheit gerade im Eigentum, also da, wo sich die
gesellschaftlichen Subjekte frei von gesellschaftlichen Zwängen wähnen, ist also wohl
diesen Subjekten des Sachverhalts unbekannt und auch fremd. Insofern „erhebt“ sich
dieses Urteil in der Tat über die „wirklichen Individuen“. Allerdings bietet es sich
gerade dann an, diese Erkenntnis nicht für sich zu behalten, sondern zu teilen und
mitzuteilen – ihnen selbst, und sowieso jedem, der sich für den Sachverhalt
interessiert.
(Weil das doch, schon vom Begriff her, gegen ihre eigenen Vorstellungen zu den
Sachverhalten geht, mag hier Widerspruch im Denken (!) auftreten, was aber vom
Inhalt als eben Gedachtes her, sowieso nur ein Angebot ans Denken, allemal keine
Gewalt gegen die Menschen sein kann. Im übrigen ist sowieso nur ein Begriff der
Rede wert, der noch nicht zur allen geläufigen Bezeichnung geronnen ist.)

Auf dass zunächst möglichst alle die theoretische Freiheit gegenüber diesen Inhalten
gewinnen, die sie da selbst praktizieren..

Weil es sich bei begrifflichen Klärungen – auch z.B. beim Begriff des Kapitals, wie
Imhof für sich als Marxdeuter und Kritiker wissen sollte – sowieso nur um eine
theoretische Befreiung handeln kann, kann einem auch mit dem begriffenen
gesellschaftlichen Sachverhalt Eigentum eine freie – also auch negierende –
Willensbildung dazu höchstens eröffnet sein.
Keinesfalls ist also mit dem Begriff – gar hoheitlich – vorgeschrieben, was praktisch
zu tun sei. Auch wenn der Begriff selbst also auch kein Plädoyer für oder gegen ein
sich Einrichten mit dem Eigentum sein kann, unterstellt Imhof meiner
Eigentumsbestimmung u.a. eine Schlussfolgerung zum autarken bäuerlichen
Selbstversorger auf eigener Scholle – einen Schluss, welchen ich entgegen Imhofs
phantasievoller Auslegung meines Textes wohl offensichtlich und zu seinem Ärgernis
sowieso nicht gezogen habe.

Wenn also mit dem Begriff auch kein Sollen formuliert sein kann, steht mit diesem
Begriff von Eigentums und Person doch an, diese bisherigen Willenshandlungen
dahingehend zu überprüfen, ob man denn noch zu ihnen stehen möchte (oder vielleicht
nur noch muss).

<13>
Soweit schon zu dem, wozu ein Begriff gesellschaftlicher Inhalte (wie des Eigentums)
überhaupt nur taugen kann. Was aber Imhof gerade wohl niemandem zumuten will:

Imhof traut seiner gesamten Argumentation gegen das Buch „Eigentum und Person“
offensichtlich sowieso nicht so recht. Bei aller Haltlosigkeit, die Imhof meint, meinen
Ausführungen schon nachgewiesen zu haben, spitzt er sein abschließendes Urteil auf
eine Beschimpfung als „Rattenfänger und Heilsbringer“ mit „intellektueller
Arroganz“(20) zu. Als wäre die theoretische Leistung des Buchs mit Imhofs ebenfalls
nur theoretischen Ausführungen nicht widerlegt und erledigt, will er die darin
vermutete Kritik zusätzlich auf anderem Weg für nichtig erklären.
Dieser begrifflichen Erkenntnis fehle nämlich die „gesellschaftliche Bedeutung“, und
sie wisse auch nicht, wie sie diese erlangen könne. Was das erste betrifft, so hat er nur
allzu Recht damit, aber gerade dafür ist zweitens sowohl dieses Buch veröffentlicht
und zur Diskussion gestellt, als auch diese Replik geschrieben; damit eben u.a. auch
Imhof sich an der Bildung wie Verbreitung dieses Begriffs des Eigentums beteiligen
möge.
Hatte Imhof schon im Vorspann Vorbehalt und Abneigung gegen begriffliche
Klärungen („Begriffshoheit“ statt „wirkliche Individuen“) angedeutet, so wird er also
im Abspann seiner Kritik weiter geständig: Er hat zwar ebenfalls nur begriffliche
Inhalte aus dem Marxschen Werk vorgebracht, die die „wirklichen Individuen“ auch
nach seinen eigenen Angaben nicht teilen. Aber selbst für diese von ihm vertretenen
Inhalte hat er eigentlich nur Verachtung übrig (,wohl weil er auch für sie die
„gesellschaftliche Bedeutung“ vermisst). Lieber schwadroniert er hoffnungsfroh über
die „Möglichkeiten“, die sich den „wirklichen Individuen“ in diesen von Marx
erkannten Verhältnissen doch böten: In ihnen „entwickeln sich Bedingungen, die ihre
Aufhebung möglich werden lassen“(18). Selbst mit Marx´ und seiner eigenen
Erkenntnis zur allgemein und schon länger durchgesetzten Ware steht nicht etwa diese
zur Disposition, sondern Imhof feiert die „gesellschaftsbildende Mission“ (18)
derselben.

Die Erkenntnisse von Marx sind ihm also zwar geschätztes Wissen über die
bürgerliche Gesellschaft, aber keineswegs eines für deren (anderen) Mitglieder, das sie
selbst haben und mitgeteilt bekommen sollten. Er will diese Kenntnisse lieber für sich
behalten, und empfiehlt den „wirklichen Individuen“ eher die ahnungslose
Ausgeliefertheit gegenüber den unbegriffenen Sachverhalten als „vernünftig“,
„solange nicht die gesellschaftliche Entwicklung selbst das praktische Bedürfnis ihrer
Aufhebung hervorbringt“. Imhof bezweifelt also nicht etwa nur die Chance einer
Aufklärung über das und den Nutzen einer theoretischen Emanzipation der Menschen
von dem Verhängnis selbstgebauter Notwendigkeiten, er besteht
geschichtsteleologisch auf dem möglichst bewusstlosen Weitervollzug dieser
hochgeschätzten gesellschaftlichen Objektivität.

Auch wenn er meint, meinen Text doch wegen einer Distanz zur „traditionellen
Linken“(19) noch belobigen zu müssen, kann ich diesem Liebhaber der bürgerlicher
Objektivität und der Möglichkeit ihrer Wirklichkeit dieses Kompliment nicht
zurückgeben: Sein (offensichtlich altes wie neues) „Wunschsubjekt aller Linken“ sind
die „ökonomischen Zwänge“ des Kapitalismus und ihre geschichtsträchtige Dynamik
– deren Kenntnis nach Imhof nicht für die „wirklichen Menschen“ taugt, sondern die
es einfach nur wissend für sich selbst zu genießen gilt.