Haslbauer_220923

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Die Freiheit eines an-und-für-sich-freien Subjekts.                                                                    pdf

Zu Hegels Grundlegung der abstrakten Rechtskategorien im Willen.


DiePerson, als an-und-für-sich-freier Wille eines Menschen, ist von Hegel in seiner Rechtsphilosophie1 als abstrakter Begriff des Rechts und darin sein erstes Element gedacht:


 „Der an und für sich freien Wille … (ist)… seine gegen die Realität negative, nur sich abstrakt auf sich beziehende Wirklichkeit – in sich einzelner Wille eines Subjekts.“ (§34)


     Aus diesem Grundelement ergeben sich nach Hegel notwendig alle anderen Rechtsinhalte, wie Eigentum, Moral, Sitte und Staat. Die Person in ihrer Einfachheit und Unmittelbarkeit2 ist nach Hegel im Begriff des Rechts in ihrem vorgegebenen Dasein lediglich aufzugreifen:


Der Begriff des Rechts fällt ... seinem Werden nach außerhalb der Wissenschaft des Rechts, seine Deduktion ist hier vorausgesetzt, und er ist als gegeben aufzunehmen.“ (Rph §2)

Trotz der von Hegel beanspruchten Unmittelbarkeit dieses Rechtssubjekt ist die Person als erstes Begriffsmoment von ihm keineswegs unvermittelt vorgestellt. Hegel kennt für das nur hinzunehmende Recht in seinem ersten, unmittelbaren Begriff seinerseits eine vorrechtliche Grundlegung:

Die Rechtswissenschaft ist ein Teil der Philosophie... Als Teil hat sie einen bestimmten Anfangspunkt, welcher das Resultat und die Wahrheit von dem ist, was vorhergeht....“ (Rph §2)

Gerade in seinen ersten Bestimmungen ist das Recht nach Hegel nichts als Teil und Folge des Geistes. Allerdings liege der Geist im primären Recht nicht in seinem bestimmten Inhalt in Bezug auf Anderes vor. Vielmehr habe der Geist sich hier in seiner Entwicklung zu sich selbst betätigt, seine Emanzipation verfolgt, und seine Befreiung erlangt. Das Recht gilt Hegel so als die zweite Natur des Menschen als denkendes Wesen bzw. genauer: eine Verwirklichung seines Geistes, nicht nur in theoretischer, sondern darüber auch in praktischer Hinsicht. Recht sei der sich in menschlicher Gesellschaft objektivierende subjektive Geist:

Der Boden des Rechts ist überhaupt das Geistige, und seine nähere Stelle und Ausgangspunkt der Wille, welcher frei ist, so daß Freiheit seine Substanz und Bestimmung ausmacht, und das Rechtssystem das Reich der verwirklichten Freiheit, die Welt des Geistes aus ihm selbst hervorgebracht, als eine zweite Natur, ist.“ (Rph §4).

Hegel behauptet damit, dass die Natur des Willens es in sich trage, das Rechtliche aus sich hervorzubringen. Einerseits leiste der Wille es, eine rechtliche Subjektivität des Menschen von seinem materiellen Leben und seiner sinnlichen Bedürftigkeit zu trennen. Andererseits gewinne diese Subjektivität Objektivität im Eigentum. Und im Weiteren bilde und gestalte sich ausgehend von Person und Eigentum das gesellschaftliche Leben der Menschen in Moral und Sitte.


Die von Hegel beanspruchte logische Entwicklung soll hier in ihren einzelnen Folgerungsschritten vom Willen hin zur Rechtsperson und weiter zum Eigentum näher betrachtet werden. Hegels kategorialen Elemente des Rechts werden dabei einerseits in ihrer Essentialität wie ihrem tatsächlichen Vorkommen gewürdigt. Andererseits wird ihr Inhalt kritisch gegen Hegel beurteilt, und seine logischen Verknüpfungen dieser Kategorien werden begründet verworfen.3

Die Darstellung von Hegels Vorgehensweise mündet in einer alternativen Erklärung seiner elementaren Rechtskategorien Person und Eigentum.




I. Hegels Entwicklung des an-und-für-sich-freien Willens aus dem Begriff des Willens.



Wie diese erste Natur, oder vorrechtlicher Geist und Wille es an sich haben, dass dieses Zweite aus ihr erwächst, das ist das entscheidende Thema der Vorüberlegungen zu und in seiner Rechtsphilosophie, von §1 bis §33. Hegel beansprucht damit eine logisch zwingende Hinführung vom Willen zur grundlegenden Kategorie des Rechts, der Person4 zu formulieren. Damit einher geht sein Anspruch auf eine für den, also für alle Menschen unabweisbare Rechtfertigung der Rechtsubjektivität, da der Freiheit des, also ihres Willens erwachsend.5


0. Hegels Logik vom Begriff und seine Durchführung in der Idee


Hegel fasst einerseits die logische Kategorie des Begriffs – selbstbezüglich formuliert als Begriff desselben6. Der Begriff ist darin die subjektiv urteilende7 Erfassung eines gegebenen Sachverhalts in seiner Wahrheit, darin wesentliche Elemente des Gegenstands von unwesentlichen, nur zufälligen scheidend. Damit eignet sich der menschlichen Geist diesen ihm äußeren Sachverhalt an, macht ihn zu seinem. Es ist die Leistung des Geistes als Verstand, zunächst sich von dem Gegenstand zu scheiden, wie auch sich dem Gegenstand entsprechend zu bilden und auszugestalten. So erhebt der Geist als Subjekt den Gegenstand in sich zur Objektivität, bildet in sich den Gegenstand in seinen Bestimmungen, macht ihn so zu seinem Anderen.

Das Begreifen eines Gegenstandes besteht in der Tat in nichts anderem, als daß Ich denselben sich zu eigen macht, ihn durchdringt und ihn in seine eigene Form, d.i. in die Allgemeinheit, welche unmittelbare Bestimmtheit, oder Bestimmtheit, welche unmittelbar Allgemeinheit ist, bringt.“ (LII, 255)

Diese Objektivität hat der Gegenstand somit im Begriffe…“ (LII. 255)

Über die verständige Auf- und Hinnahme des Gegenstandes hinausgreifend entwickelt Hegel andererseits den Begriff des Gegenstands als Idee, als in der Wirklichkeit ausgeführter Begriff. Damit ist von Hegel nicht die alltägliche Verwendung der Bezeichnung Idee gemeint, nicht im Sinne eines Einfalls eines denkenden Menschen, was oder wie ein Gegenstand (noch) nicht (vollständig) ist, aber meinend diesem besonderen Menschen gemäß sein sollte. Für Hegel gilt die Idee nur als eine solche soweit sie sich nicht dem Zufall und der Laune des jeweiligen sie fassenden Menschen verdankt. Idee ist für ihn gerade keine subjektive, sondern eine sich in der Welt setzende objektive Angelegenheit.

Idee ist damit der Begriff eines erfassten Sachverhalts in seiner in notwendigen Gedankenfolgen darstellbaren Verwirklichung8. Das unterstellt, dass der Begriff dieses Sachverhalts sich von seiner Verwirklichung unterscheidet, er nicht unmittelbar Dasein annimmt.

Sowohl beim Begriff allein als auch bei der Idee als seine Verwirklichung ist mithin das Verhältnis der Wahrheit eines Gegenstandes zur vorliegenden Tatsächlichkeit desselben Inhalts von Belang.

Der Begriff ist die Wahrheit des Gegenstandes in Bezug auf das, was und wie er ist. Schon für den Begriff des Gegenstandes mag er allerdings in seiner Tatsächlichkeit dennoch auch Elemente enthalten, die dem Begriff nicht gemäß sind und bleiben; sie fechten allerdings den Begriff in seiner Wahrheit des Gegenstandes nicht an.

Die Idee ist ebenfalls zunächst nur der Begriff, die Wahrheit des Gegenstandes. Als Idee findet diese Wahrheit allerdings eine Erweiterung. Als Idee ist der abstrakte Begriff über sich hinaus zur Ausführung gebracht und damit der Nachweis, dass es dieser Begriff ist, der Wirklichkeit hat.9

Die Idee ist das Wahre an und für sich, die absolute Einheit des Begriffs und der Objektivität. Ihr ideeller Inhalt ist kein anderer als der Begriff in seinen Bestimmungen; ihr reeller Inhalt ist nur seine Darstellung, die er sich in der Form äußerlichen Daseins gibt…“ (E §213)

Wahrheit kann damit auch für den Gegenstand beansprucht werden, nicht nur für das Denken über ihn10:

Unter Wahrheit versteht man zunächst, daß ich wisse, wie etwas ist. Dies ist jedoch die Wahrheit nur in Beziehung auf das Bewußtsein oder die formelle Wahrheit, die bloße Richtigkeit. Dahingegen besteht die Wahrheit im tieferen Sinn darin, daß die Objektivität mit dem Begriff identisch ist…. Gegenstände sind wahr, wenn sie das sind was sie sein sollen, d.h. wenn ihre Realität ihrem Begriff entspricht.“ (E §213Z)11

Ein Sein-Sollen des Gegenstands fasst Hegel mithin lediglich als seine Perfektionierung in seinem Begriff, sein Gestaltetsein als ein guter und richtiger seines Begriffs.

Diese Wahrheit des Gegenstands ist nach Hegel nicht nur bzw. gar nicht notwendig eine subjektiv von Menschen gedachte und gewollte. Vielmehr setze sich nach Hegel der Begriff auch jenseits eines subjektiven und einzelnen Wissens und Wollens durch, als eine sich aus sich heraus (durch)setzende logische Mechanik des Begriffs: die „List der Vernunft“. Auch wenn also in seiner Logik bei Hegel von den Menschen und ihren Verhältnissen mit- und auch gegeneinander noch gar nicht die Rede ist: Der Begriff, den Hegel dann vom Menschen als geistigem Wesen und von der mit dieser Geistigkeit gewonnenen Freiheit formuliert, verwirklicht sich für ihn auch gegen diejenigen, die diese seine Eigenart nicht erfasst haben (müssen) oder etwa ablehnen.



1. Praktischer Geist – Wille


a. Wille – an sich und frei


Der menschliche Geist ist nur einerseits erkennend, erfasst die gegebene Welt über Anschauung, Vorstellung und Denken, macht sie sich zu eigen bis hin zu dem Begriff von ihr (E §469), sie in sich darstellend. Schon darin scheidet sich das denkende Subjekt von seinem Objekt, ist ihm nicht mehr nur ausgeliefert, gewinnt es denkend Freiheit ihm gegenüber. Andererseits und insbesondere mit dem Begriff der gegebenen Wirklichkeit kann der Geist über die Beschränkung existierender Wirklichkeit hinausgreifen, Gegebenes als Begriffenes aufnehmen, um auf dieses einzuwirken und es neu zu gestalten.

Der menschliche Geist kann also über sich als die Objektivität nur erkennender, sie hinnehmender, hinauswachsen. Als Geist kann er sich zum bestimmenden Subjekt einer Wirklichkeit erheben als ganz seiner, sich wissend als das Bestimmende des Inhalts“ (E §468). Dieser Geist ist Wille, die Welt formendes Denken, darin sich zugleich als tätiges, freies Ich setzend.

Der Wille enthält a) das Element der reinen Unbestimmtheit oder der reinen Reflexion des Ich in sich, in welcher jede Beschränkung, jeder durch die Natur, die Bedürfnisse, Begierden und Triebe unmittelbar vorhandene oder, wodurch es sei, gegebene und bestimmte Inhalt aufgelöst ist; die schrankenlose Unendlichkeit der absoluten Abstraktion oder Allgemeinheit, das reine Denken seiner selbst.“ (Rph §5)

Ebenso ist Ich das Übergehen aus unterschiedsloser Unbestimmtheit zur Unterscheidung, Bestimmen und Setzen einer Bestimmtheit als eines Inhalts und Gegenstands. … Durch dies Setzen seiner selbst als eines bestimmten tritt Ich in das Dasein überhaupt; – das absolute Moment der Endlichkeit oder Besonderung des Ich. (Rph §6)

Der Wille ist die Einheit dieser beiden Momente; – die in sich reflektierte und dadurch zur Allgemeinheit zurückgeführte Besonderheit, – Einzelheit, die Selbstbestimmung des Ich, in einem sich als das Negative seiner selbst, nämlich als bestimmt, beschränkt zu setzen und bei sich, d. i. in seiner Identität mit sich und Allgemeinheit zu bleiben, und in der Bestimmung, sich nur mit sich selbst zusammenzuschließen. (Rph §7)

Darin ist der Wille Wille und Freiheit gegenüber jeglichem Inhalt:

Als sich selbst den Inhalt gebend, ist der Wille bei sich, frei überhaupt; dies ist sein bestimmter Begriff.“  (E §469).


Dabei muss er sich in seinem Gegenstand nicht an Gegebenes halten und etwa nur aus gegebenen Möglichkeiten wählen. Auch an begriffenes Vorgegebenes ist der Wille nicht gebunden, der Gegenstand muss auch als in seiner Objektivität begriffener nicht gewollt werden, auch diesbezüglich ist der Wille frei. Umgekehrt: mit dem subjektiv gehabten Begriff eines Sachverhalts wird Freiheit gewonnen gegenüber dem Gegenstand.

Aller Wille gewinnt auch gemäß Hegel Dasein und so tatsächliche Freiheit allein in der Manifestierung seiner vorab nur ideellen Zwecksetzung eines Menschen, seiner Absicht in der Welt. Die zunächst subjektive und allein geistige Seite des Willens, der gefasste Zweck, setzt sich so objektiv. Das bedeutet Freiheit des einzelnen wollenden Menschen in der und auch gegen die Welt, sowohl gegenüber sich selbst, als auch gegen Dinge, und auch gegenüber anderen Menschen. Es ist eine Freiheit des menschlichen Willens in Bezug auf anderes als sich selbst. Wille ist als Tätigkeit des Geistes, also Aktivität des Menschen von ihrem Begriff her transitiv, auf anderes als sich selbst gerichtet, darin bestimmte Freiheit. Das ist deshalb hervorzuheben, weil Hegel im nächsten Schritt den Begriff des Willens ausweitet auf eine Freiheit ohne anderen Inhalt und danach Freiheit in einem engeren, für ihn wahren Sinne nur noch in der inhaltlichen Selbstbezüglichkeit des Willens gelten lässt.



b. Reflektierter Wille – für sich und frei


Als zunächst nur und noch in seiner Geistigkeit vorliegender, sowie vereinzelter Wille ist er subjektive Zwecksetzung, lauernde Absicht, mit diesem erst noch inneren, aber bestimmten Inhalt nach äußerer Verwirklichung strebend. Auch als inhaltlich ausformulierter bleibt er dennoch Wille: Er ist darin nicht an einen bestimmten, einmal gewählten Zweck gebunden. Jeder bestimmte, auch andere Inhalt bleibt ihm Möglichkeit. Eine Festgelegtheit oder Notwendigkeit bzgl. seines Inhalts besteht für dieses Subjekt nicht, aus jedem Inhalt kann der Wille sich wieder herausziehen:

Ich bestimmt sich, insofern es die Beziehung der Negativität auf sich selbst ist; als diese Beziehung auf sich ist es ebenso gleichgültig gegen diese Bestimmtheit, weiß sie als die seinige und ideelle, als eine bloße Möglichkeit, durch die es nicht gebunden ist, sondern in der es nur ist, weil es sich in derselben setzt. (Rph §7)

Die Selbstreflexion dieses Willens als Wille, und daraus resultierend das Sich-Wollen als dieser Wille ändert an dem Willen in seiner Bestimmtheit als Wille nichts, es bekräftigt dieselbe sogar. Das Selbstbewusstsein des Ich als Wille und darin frei gehört zu seiner Willensqualität auch als bestimmter dazu:

Der Wille ist als Willkür für sich frei, indem er als die Negativität seines nur unmittelbaren Selbstbestimmens in sich reflektiert ist.“ (E §478)

Die Reflexion, die formelle Allgemeinheit und Einheit des Selbstbewußtseins, ist die abstrakte Gewißheit des Willens von seiner Freiheit, …“ (Rph §15)

Als so reflektierter wie selbstbewusster Entscheidungsakt des jeweiligen Menschen ist dieser Wille Willkür, darin so subjektiv wie zufällig. Ein Verfolgen bestimmter, ihm vorgegebener natürlicher Inhalte und subjektiver Bedürftigkeiten ist diesem Willen zwar auch möglich. Aber als Wille ist er ihrer Gegebenheit bewusst enthoben und gerade nicht unterworfen.

Die Verwirklichung dieses zunächst im Subjektiven erwachsenen Zwecks besteht dann im sich Bestimmen als Wille in eben seinem endlichen, dann auch hergestellten Inhalt, also seiner vollzogenen Absicht, seinem erfüllten Zweck, seine Objektivierung.


Mit dem Willen an sich und darüber hinaus dem Willen für sich, diesem Rückbezug auf sich als Willen, ist zugleich die Bestimmtheit des Willens allgemein und vollständig erfasst, freies aktives Bestimmen zu sein.



2. Anmerkungen zu Hegels Begriff des Willens


Bei Hegels Reflexionen über den Willen und die logische Entfaltung seine Begriffs fallen folgende Eigenheiten auf:


Hegel fasst den Willen generell nur allgemein, selbst als vorgestellter einzelner und besonderer, also in seiner Konkretion als bestimmter Wille eines Menschen ist er allgemein einzelner und allgemein besonderer Wille. Als tatsächlich einzelner und besonderer Wille, also als ein ein inhaltlich besonderes Etwas bestimmender, kommt bei ihm der Wille letztlich nicht vor. Das erscheint zunächst nicht von Belang, geht es beim Begriff des Sachverhalts Wille doch um das Allgemeine seiner Bestimmung, bestimmend zu sein12. Es zeitigt aber Folgen.


a.

Hegel fasst den Willen als Bestimmen eines Inhalts, und hebt diese Dualität als Einheit des Willens hervor: „der Wille ist die Einheit dieser beiden Momente“ (Rph §7). Logisch unterscheidet Hegel dennoch. Es ergeht einerseits die Bestimmung zur Unbestimmtheit im Ich, jegliche Bestimmung durch anderes ist für dieses Ich damit getilgt. Andererseits bestimmt dieses unbestimmte, reine Ich dann das Dasein der Welt als ihm gemäßes. Obwohl Hegel ausdrücklich feststellt und herausstreicht, dass zum Begriff des Willens ein Etwas gehört, das gewollt wird, ist ihm das bestimmte Etwas, also der damit bestimmte und erst vollständige Wille in seiner Inhaltlichkeit keine Erörterung wert.

Die innerlogische Differenz dieser Polarität des Willens lässt ihn aber offensichtlich nicht ruhen13. Er beharrt im Weiteren beim Begriff des Willens auf sein unbestimmt bestimmendes Moment.

Er beansprucht damit, den Willen in seiner Begrifflichkeit, also in dem Inhalt, der allen Willen gemein ist, erfasst zu haben.

Es kann und muss dagegen grundsätzlich eingewandt werden, dass es zur allgemeinen Bestimmung des Willens gehört, dass es ihn nur als konkreten gibt, als den eines einzelnen Menschen mit seinem bestimmtem Inhalt. Im Willen wird der Mensch zum Subjekt, auf keinen Fall der Wille selbst14, nicht der Geist des Menschen getrennt von ihm. Wille ist gerade in seiner gerichteten Geistigkeit Subjektsein des Menschen.15


Hegels Begriff des Willens wird damit auch nach seiner anderen Seite hin unklar. So sehr Wille konkrete Freiheit gegenüber seinem inhaltlichen Gegenstand bedeutet, so ist diese Freiheit doch keine jenseits dieses Gegenstands. Freiheit ohne dieselbe einem bestimmtem Objekt gegenüber ist nicht der Begriff des Willens.

Diese notwendige bestimmte Tatsächlichkeit des Willens ist Hegel nicht nur geläufig. Er hebt sie selbst hervor:

Ein Wille der ... nur das abstrakt Allgemeine will, will nichts und ist deswegen kein Wille.“ (Rph §6Z)16.

Es wird sich auch zeigen, dass Hegel seine Argumentation nur mit Bezugnahme auf den Willen als tatsächlichen, etwas wollenden vorantreiben kann. Auch für den nur auf sich selbst gerichteten an-und-für-sich-freien Willen strebt er die einzig mögliche Existenzweise als tatsächlich Wirkenden gegenüber der Welt an17.

b.

Die Fassung des Willens als Wille im Allgemeinen mag zwar das Bewusstsein einschließen, damit alle (einzelnen) Willen in ihrer gemeinsamen Qualität zu fassen und im Begriff zu repräsentieren. Von einem Anerkennen oder Anerkanntsein der vielen besonderen Willen kann dabei aber keine Rede sein, weil dem Willen, in dieser seiner abstrakten Allgemeinheit kein anderer Wille gegenübersteht. Insofern kann hier weder ein anerkennender noch ein anerkannter Wille vorkommen18. Dass dieser nur allgemein gefasste Wille damit dennoch in einer Gesellschaftlichkeit der denkenden Menschen vorgestellt ist, mag als Tatsächlichkeit wohl gerechtfertigt sein. Das gilt aber nicht an dieser Stelle der von Hegel angestrebten logischen Folgerungsform und Systematik19. Zur gegenseitigen gesellschaftlichen Anerkennung bedarf es der Vielheit der einzelnen Willen, selbst in ihrer Allgemeinheit, die hier von Hegel noch nicht entwickelt ist.

Mehr als eine ideelle Gleichstellung aller (tatsächlichen) Einzelwillen in dem, was sie allgemein ausmacht, kann damit also nicht gegeben sein. Ein Willensakt der gleichen Geltung, also gleichen Gültigkeit eines menschlichen Subjekts gegenüber einem ebenfalls menschlichen Objekt ist in diesem allgemeinen Willen nicht gefasst und nicht zu fassen. Die Besonderheit der einzelnen Willen ist gerade grundsätzlich ignoriert, im Sinne einer Gleichgültigkeit aller Willen. So einem Willen im Allgemeinen ist eine Setzung wie auch eine Relativierung seiner Bestimmtheit unmöglich, da er keine hat. Von daher ist er als eben schon oder nur allgemeiner nicht handhabbar für die Überführung in einen konkreten allgemeinen Willen – wie Hegel auch gerade hervorhebt.

Mit dem einzelnen existierenden Willen in seiner Allgemeinheit mag dennoch eine gesellschaftliche Eigenheit reeller Willen aufgenommen und zur Darstellung gebracht sein: Die absolute Einzelheit und Trennung der Subjekte sowie die Ausschließlichkeit ihrer Willensverfolgung, ohne jegliche Aussicht auf einen noch so kleinen Konsens oder Kompromiss aller Willen, ist eine Qualität, die der fertigen bürgerlichen Gesellschaft entsprechen mag. Diese Inhalte können aber nicht die Substanz und Erklärung von Hegels allgemeinem Willen, also der Rechts-Person darstellen. Sie resultieren und gestalten sich in Hegels Systematik erst nach der Verwirklichung dieses allgemeinen Willens im Eigentum. Als lediglich analoge Entsprechung taugen diese sicher bürgerlichen Willensformen für sich nicht zur logischen Hinführung zur rechtlichen Form des Willens.20

c.

Wegen der begrifflichen Fassung des Willens in allein seiner unbestimmten Allgemeinheit ist für Hegel weder die Qualität eines gewollten Inhalts oder Zwecks noch die Bedingungen und vielleicht die Grenzen seiner Verwirklichung („ich will zum Mond fliegen, König sein...“) Inhalt der Erörterung des Willens. Diesbezüglich bleibt er beim Willen allgemein und leer, ohne eine inhaltlich bestimmte Beurteilung vorzunehmen.

Deshalb kann es ihm auch kein Anliegen sein, wie und warum ein gewollter Zweck sich nicht oder doch realisieren lässt. Schon die Natur als Material und Bedingung des Willens geht bei Hegel nicht in seine Formierung ein. Auch die anderen Einzelwillen als modifizierende oder beschränkende Umgebung des Einzelwillens nimmt Hegel nicht als Beförderung oder etwa Behinderung des besonderen Willens. Die Bildung des besonderen Willens im Dialog mit und gegen andere Willen, also ein vielfältig formulierter Wille ist nicht im Horizont dieser Überlegungen. Ein gesellschaftlicher und politisierend gestaltender und gestalteter Wille gilt für Hegel an dieser Stelle als ausgeschlossen.

Aus dieser Grundlegung der Fassung des Willens allein in seiner Allgemeinheit und von daher Absolutheit, ist der Wille unbedingt und auch bedingungslos. Der Wille kann damit für Hegel nur sein als vollständig vollzogener, also als in seiner (bisher allerdings leeren) Besonderheit verwirklichter.

„… wenn man so spricht: der Wille ist allgemein, der Wille bestimmt sich, aber er ist nicht ein Fertiges und Allgemeines vor seinem Bestimmen und vor dem Aufheben und der Idealität dieses Bestimmens, sondern er ist erst Wille als diese in sich vermittelnde Tätigkeit und Rückkehr in sich. (Rph §7A)

Ein Wille ist nach Hegel nichtig, wenn er sich in seinem Zweck nicht verwirklicht. Ein Wille, der in seiner Bestimmtheit als Intention oder Absicht21 formuliert ist und darin zunächst verharrt oder auch hartnäckig dabei bleibt, und sich (noch) nicht oder dann doch, aber beschränkt oder variant verwirklicht, wird von Hegel nicht als Wille bedacht. Ein Wille, der sich gegenüber anderen Willen zur Debatte stellt, seine inhaltliche Bildung denkend reflektiert und vielleicht revidiert und Kompromisse dabei eingeht, sich also etwa darüber als Wille auch begründet als dieser bisherige bestimmte Wille aufgibt und neu formuliert, kommt bei Hegel nicht vor: Ein im Sinne von gesellschaftlich und inhaltlich offener und dann auch öffentlich erst gebildeter Wille ist ihm kein (begrifflich relevanter) Wille.22


Durch die Fassung des Willens in seiner abstrakten Allgemeinheit, ohne seine Inhalte und allein als verwirklichte Resultante gerät ihm schon der Wille-an-sich punkthaft und eindimensional. Er ist Wille oder er ist es nicht, diese seine nur abstrakte Form verlangt nach Unbedingtheit seiner Setzung und Durchsetzung.



d. Resümee:


Hegel mag Geist als befreiende und auch gesellschaftliche Tat des Menschen sehen. Er traut an dieser Stelle des Geistes, wo er als Wille auftritt, diesem aber keine tatsächlich wirkende und gestaltende Gesellschaftlichkeit aus sich heraus und in seiner Einzelheit zu. Vielmehr schließt Hegel so einen Schritt für den Willen gerade generell aus. Ein gesellschaftlicher Konsenswille, etwa im Sinne eines „Gesellschaftsvertrags“, kommt über so einen Willen für Hegel nicht in Frage.

Der Wille als konkreter einzelner und auch vielfältiger taugt nach Hegel insbesondere auf keinen Falle als Rechtsbegründung:

Die angeführte Definition des Rechts23 enthält die seit Rousseau vornehmlich verbreitete Ansicht, nach welcher der Wille nicht als an und für sich seiender, vernünftiger, der Geist nicht als wahrer Geist, sondern als besonderes Individuum, als Wille des Einzelnen in seiner eigentümlichen Willkür, die substantielle Grundlage und das Erste sein soll. Nach diesem einmal angenommenen Prinzip kann das Vernünftige freilich nur als beschränkend für diese Freiheit sowie auch nicht als immanent Vernünftiges, sondern nur als ein äußeres, formelles Allgemeines herauskommen.“ (Rph §29A)

Schon in seiner begrifflichen Fassung des Willens, also in der Allgemeinheit des Willens-an-sich, deutet sich mithin die Zielrichtung Hegels an. Er strebt eine Transzendierung des Willens in seiner tatsächlichen Existenzweise als bestimmter und genuin der eines einzelnen Menschen im konkreten gesellschaftlichen Kontext an. Hegel ignoriert diese seine alleinige Existenzweise als bestimmter Einzelwille unter anderen Einzelwillen, also als auch differierende Willen, und reduziert seine begriffliche Wahrheit lediglich auf sein Allgemeines, d.h. nur das allen Willen gemeinsame.




3. Bestimmtheit und Endlichkeit des Willens als Mangel und Widerspruch


Hegel belässt es nicht bei der begrifflichen, d.h. allgemeinen Bestimmung des Willens, wie er an sich ist, und auch als einzelner wie besonderer existiert.

Diese Erfassung des Willens nur über den Verstand hält Hegel überhaupt für unzureichend. Das An-sich der Freiheit des Willens gegenüber der Welt sei in sich ungenügend. Dem Willen wohne nach Hegel über sein begriffliches Dasein hinaus eine erweiterte Wahrheit inne, ein Streben nach unbeschränkter Freiheit in sich.


a.

Die Beschränkung des Willens auf ein Etwas, das damit bestimmt wird, hatte Hegel zwar als sein qualitatives Merkmal ausdrücklich festgehalten:

Ich will nicht bloß, sondern ich will etwas. Das besondere, was der Wille will, ist eine Beschränkung, denn der Wille muß, um Wille zu sein, sich überhaupt beschränken.“ (Rph §6Z)

Hegel stellt in der Folge aber beim Willen, wie er ihn allgemein begrifflich bestimmt, einen Mangel fest. Dieser Mangel betrifft nicht die fehlende oder unzureichende Verwirklichung des gefassten Zwecks, auch nicht die bestimmte und darin sich beschränkende Besonderheit eines Willensinhalts. Was Hegel an diesem immer konkreten Willen bemängelt, ist vielmehr die Bestimmtheit des Willens überhaupt, dass er sich überhaupt einen Inhalt wählt, der getrennt von sich selbst ist, der also nicht er selbst ist.

Dieser Mangel kann sich allerdings, entgegen Hegels Vorstellung und Darlegung dazu, nicht aus dem Willen selbst erschließen. Der Wille als Wille, an sich und darin bestimmter Wille ist sich dabei seiner selbst gewiss, auch und gerade in seiner Freiheit gegenüber seinem Inhalt, den er will. Der Wille an sich hat in sich kein Ungenügen, er ist in seinem von ihm bestimmten Anderen selbstgenügsam und in sich selbst abgeschlossen.

Hier kommt zum Tragen, dass Hegel in seiner Bestimmung des Willens als essentiell entwickelt, was ihm nur allgemein als Eigenschaft zukommt. Nur dem Willen, dem aufgegeben ist, nichts als Wille in seiner Allgemeinheit zu sein, gerät jede konkrete Bestimmung von sich zur Einschränkung seiner selbst.

Nur einerseits bestimmt Hegel also damit den Willen als sich Wirklichkeit gebend und darin sich als Wille vervollständigend. Andererseits trennt Hegel den selbstbewussten Willen von seinem frei gewählten oder geschaffenen bestimmten Inhalt, nimmt ihm also gerade seine Bestimmung, tätiges Bestimmen zu sein, indem er ein solches Bestimmen ohne (anderen) Inhalt und Gegenstand imaginiert.

Dieser Inhalt ist zwar für mich der Meinige überhaupt; diese Form und jener Inhalt sind aber noch verschieden, – der Wille ist so in sich endlicher Wille. (Rph §11)

Dem kann man entgegenhalten: Ein Wille, der nur sich selbst will, ist von seinem Begriff her nur formell statt auch inhaltlich ein solcher zu nennen. Denn wenn er auch Wille ist, ist sein Bestimmen doch unvollständig, armselig nur in der Beschränkung auf sich selbst. So ein Wille hat kein ihm anderes Gegenüber, er kann kein Bestimmen über sich selbst hinaus sein. Das Subjekt oder Ich ist hier auch das Objekt oder umgekehrt. Nur ein Wille der etwas von sich getrenntes bestimmt, kann inhaltlich Wille sein. Freiheit gibt es nicht ohne das Etwas auf das der Wille sich bezieht. Die Freiheit, die Hegel da vorschwebt, richtet sich gegen den Willen selbst in seinem Bestimmen, und fordert ihm eine Bestimmung ab, die ihm gerade seinen Inhalt nimmt und ihn auf den bestimmten Inhalt, der er als bestimmter nur der Form nach ist, festlegt.

Hegel nimmt diese inhaltsleere Formalität des an-und-für-sich-freien Willens durchaus wahr. Er thematisiert das Defizit eines an-und-für-sich-freien Willens aber nicht an dieser Stelle, sondern erst im späteren Verlauf seiner Argumentation. Erst nach der menschlichen Besonderung dieser Art Willen als Person stellt er einen Mangel wie eine Notwendigkeit für diesen besonderen Willen fest. Dieser allein auf sich bezogenen Person weist er einen bestimmten Gegenstand, der sie nicht selbst ist, als seine Wirklichkeit zu – wenn auch nur wieder selbstbezüglich als Eigentum.


b.

Für Hegel gilt für den idealen, sprich: wahren Willen eine Negation aller Besonderheit des Willens und Zurückführung seiner Verwirklichung in ihr. Alle Bestimmtheit, äußere Besonderheit sei für den Willen als Willen zu negieren. Insbesondere genüge es auch nicht alle Besonderheit von Inhalten nur in die Allgemeinheit einer „Glückseligkeit“ aufzuheben, in „die nur vorgestellte, abstrakte Allgemeinheit des Inhalts, welche nur sein soll.“ (E §480):

Die auf die Triebe sich beziehende Reflexion bringt, als sie vorstellend, berechnend, sie untereinander und dann mit ihren Mitteln, Folgen usf. und mit einem Ganzen der Befriedigung – der Glückseligkeit  vergleichend, die formelle Allgemeinheit an diesen Stoff und reinigt denselben auf diese äußerliche Weise von seiner Roheit und Barbarei.“ (Rp §20)

Insbesondere kann nach Hegel auch eine schlichte Rückbesinnung des Willens auf die Freiheit (als Wille für sich), die er schon ist, diesen von Hegel konstruierten Mangel nicht beheben:

Die Reflexion, die formelle Allgemeinheit und Einheit des Selbstbewußtseins, ist die abstrakte Gewißheit des Willens von seiner Freiheit, aber sie ist noch nicht die Wahrheit derselben, weil sie sich noch nicht selbst zum Inhalte und Zwecke hat, die subjektive Seite also noch ein anderes ist als die gegenständliche; der Inhalt dieser Selbstbestimmung bleibt deswegen auch schlechthin nur ein Endliches.“(Rph §15A)

Das im Entschluß Gewählte (§ 14) kann der Wille ebenso wieder aufgeben (§ 5). Mit dieser Möglichkeit aber, ebenso über jeden andern Inhalt, den er an die Stelle setzt, und ins Unendliche fort hinauszugehen, kommt er nicht über die Endlichkeit hinaus, weil jeder solche Inhalt ein von der Form Verschiedenes, hiermit ein Endliches, und das Entgegengesetzte der Bestimmtheit, die Unbestimmtheit, Unentschlossenheit oder Abstraktion, nur das andere gleichfalls einseitige Moment ist.“(Rph §16)

Hegel verlangt vom Willen ein Zurücktreten von aller Bestimmtheit in ihrer Endlichkeit, er fordert für den Willen in seiner Qualität als freier die Konsequenz der Unendlichkeit seiner Wirklichkeit als seinen Inhalt (E §480). Diese Unendlichkeit sieht er in der Rechtsphilosophie im Sollen von (etwa individueller) Glückseligkeit zwar angestrebt, aber unzureichend erreicht, da auch dieser Wille noch bestimmten Endlichkeiten verhaftet bleibt und sich nur in solchen zu verwirklichen vermag. Inhaltlich und vollständig vollendet sich diese Unendlichkeit allein im an-und-für-sich-freien Willen.


c.

Hegel verfolgt so eine Herleitung eines allgemeinen Willens, der aber nicht alle konkreten Willen einschließt und übergreift, sondern abgeschieden von allen konkreten Willen, alle einzelnen Willen in ihrem Bestimmen gerade ausschließt.24 Den unmittelbar gegebenen bestimmten, also besonderen Willen, und darin als nur an sich frei bestimmten Willen kann er dafür auch in seiner Allgemeinheit nicht heranziehen.25

Gegen alle Bestimmungen des Willens an sich, Freiheit gegen ein Etwas zu sein, der er nicht selbst ist, kreiert Hegel einen Willen mit einem gänzlich anderen Inhalt. Für Hegel gerät an dieser Stelle zum essentiellen Inhalt des Willens die Freiheit nicht nur ohne, sondern gegen jeglichen weiteren Inhalt. Diese gewinne der Wille nur darin, dass er ganz bei sich selbst bleibe, sich nur auf sich beziehe. Die Essenz und Bestimmung des Willens ist ihm die Verwirklichung in sich selbst.

Negativ und gemessen am an-und-für-sich-freien Willen ausgedrückt: der Wille an sich verliere seine Freiheit darin

sich in einer Besonderheit zu verwirklichen, welche zugleich für ihn eine Nichtigkeit ist“ (E §478)

Das sei nach Hegel für einen Willen als Willen nicht befriedigend. Dass das so sein soll, ist aber alles andere als nachvollziehbar. Es ist umgekehrt nur sinnvoll für einen Willen, der sich schon zum Selbstzweck erhoben hat.

Daran ist schon eine Rücknahme des erreichten Begriffs des Willens kenntlich, eine Relativierung seiner Bestimmung als Verwirklichung in und gegenüber der Welt. Damit kehrt der Wille in seine Vorform der reinen Idealität und noch unbestimmten Zweckhaftigkeit zurück, losgelöst von allem Inhalt eines Bestimmens, aber darin gerade als Überhöhung seiner selbst.



4. Der Wille an-und-für-sich – Freiheit als Selbstzweck


Obwohl der Wille an sich in einem Inhalt und Zweck formuliert ist und als dieser sein Dasein verfolgt und gewinnt, strebe er nach Hegel – weil Wille – danach, diese besondere Bestimmtheit auch wieder zurückzunehmen, sie zu negieren.

Der Wille ist allerdings für Hegel mit der Negation seines bestimmten Inhalts nicht etwa nichtig und obsolet. Hegel entnimmt dieser Negation des Willens – also der Negation von dem, was er an sich, also seinem Begriff nach ist – etwas Positives, in Bezug auf sich und unter Erhaltung von sich als Wille. Dieses Positive besteht in der Besonderung des Willens getrennt in und von dem, was er seinem Begriff nach immer schon ist.

Auf den Willen, wie er sich als natürlicher und mit menschlichen Beweggründen und zwischenmenschlichen Bezügen bildet und betätigt, kann und will Hegel dafür nicht bauen. Endliche Inhalte und weltliche Zwecke taugen nicht für sein Konzept eines absoluten Willens.

Die Besonderheit des Willens ist wohl Moment des ganzen Bewußtseins des Willens (§34), aber in der abstrakten Persönlichkeit als solcher noch nicht enthalten.“ (Rph §37).

Die Wahrheit aber dieser formellen, für sich unbestimmten und ihre Bestimmtheit an jenem Stoffe vorfindenden Allgemeinheit ist die sich selbst bestimmende Allgemeinheit, der Wille, die Freiheit. Indem er die Allgemeinheit, sich selbst, als die allgemeine Form zu seinem Inhalte, Gegenstand und Zweck hat, ist er nicht nur der an sich, sondern ebenso der für sich freie Wille – die wahrhafte Idee.“ (Rph §21)

Der Geist, der sich als frei weiß und sich als diesen seinen Gegenstand will, d.h. sein Wesen zur Bestimmung und zum Zwecke hat, ist zunächst überhaupt der vernünftige Wille oder an sich die Idee, darum nur der Begriff des absoluten Geistes.“ (E §482)

Allerdings behauptet Hegel diesen absoluten Willens aus dem Willen selbst zu erschließen. Es sei nach Hegel eine dem Willen selbst innewohnende Logik, seine innere Bestimmung konsequent weitergedacht bzw. er selbst sich rückbesinnend ins Denken erhoben, dass er sich als Zweck seiner selbst bilde und als solcher, und gerade nicht als nur begrifflicher Wille an-sich verwirkliche:

Im Willen beginnt daher die eigene Endlichkeit der Intelligenz, und nur dadurch, daß der Wille sich zum Denken wieder erhebt und seinen Zwecken die immanente Allgemeinheit gibt, hebt er den Unterschied der Form und des Inhalts auf und macht sich zum objektiven, unendlichen Willen.“ (Rph §13A)

zu ihrem Inhalt und Zweck nur jene unendliche Bestimmtheit, die Freiheit selbst, hat“  (E §480)

Dieser andere Zweck und Wille, auf den es Hegel ankommt, ist also in seiner hegelschen Herleitung fragwürdig. Hegel ist hier nur ein Wille als frei bestimmt, der alle Bestimmtheit in anderem als sich selbst aufgibt, sich negativ stellt zu aller weltlichen Bestimmtheit. Nur indem er sich rein negativ bestimmt gegen alles, was er nicht selbst ist, erlangt er die reine Geistigkeit und damit Freiheit, auf die es Hegel als Wesensbestimmung des Menschen ankommt.


Auch wenn sich für diesen besonderen selbstbezüglichen Willen keine zwingende Notwendigkeit ergibt, muss man akzeptieren, dass es dem Willen durchaus möglich ist, als seinen Inhalt allein sich selbst zu bestimmen. Dann ist es in der Tat nicht derselbe Wille, der sich bestimmten anderen Inhalten widmet. Die Allgemeinheit dieses Willens schließt gerade nicht alle anderen, bestimmten Willen in sich ein. Er ist Beschränkung, Verengung des Willens auf seine Allgemeinheit in ihrer Besonderheit26. Weil er damit in seiner Willensfreiheit gerade nichts außer sich selbst bestimmt und dennoch Wille ist, kann er auch als das Gegenteil davon, als unendlich gefasst werden. So ist er nach Hegel wahrer Wille:

Der an und für sich seiende Wille ist wahrhaft unendlich, weil sein Gegenstand er selbst. Hiermit derselbe für ihn nicht ein Anderes noch Schranke, sondern er darin vielmehr nur in sich zurückgekehrt ist. Er ist ferner nicht bloße Möglichkeit, Anlage, Vermögen (potentia), sondern das Wirklich-Unendliche (infinitums actu), weil das Dasein des Begriffs, oder seine gegenständliche Äußerlichkeit das Innerliche selbst ist.“ (Rph §22)

Nur in dieser Freiheit ist der Wille schlechthin bei sich, weil er sich auf nichts als sich selbst bezieht, so wie damit alles Verhältnis der Abhängigkeit von etwas anderem hinwegfällt. – Er ist wahr oder vielmehr die Wahrheit selbst, weil sein Bestimmen darin besteht, in seinem Dasein, d.i. als sich Gegenüberstehendes zu sein, was sein Begriff ist, oder der reine Begriff die Anschauung seiner selbst zu seinem Zwecke und Realität hat.“ (Rph §23)

Die absolute Bestimmung oder, wenn man will, der absolute Trieb des freien Geistes (§ 21), daß ihm seine Freiheit Gegenstand sei – … –, um für sich, als Idee zu sein, was der Wille an sich ist: der abstrakte Begriff der Idee des Willens ist überhaupt der freie Wille, der den freien Willen will.“ (Rph §27)

So einem Willen kann man entgegenhalten, dass er sich selbst als Wille aufgibt, da er sich in seinem Bestimmen nur auf sich selbst bezieht. Darüber hinaus gilt für so einen nur negativ bestimmten Willen, dass aus ihm auch auf keinen Fall irgend ein positiver Inhalt gefolgert werden kann.


Angesichts der nicht nur möglichen, sondern allgemein durchgesetzten tatsächlichen Existenz eines solchen Willens ist gerade doch die Frage aufgeworfen, warum sich ein Wille bzw. ein menschliches Subjekt mit seinem Willen zu so einer unbestimmten wie selbstbeschränkenden Freiheit aufschwingt.



5. Summarische Beurteilung des an-und-für-sich-freien Willens


Der an-und-für-sich-freie Wille von Hegel lässt alle Natur und Weltlichkeit hinter sich, somit auch alle menschlichen Inhalte und zwischenmenschlichen Bezüge, obwohl er als Wille auch nach Hegel nur im Menschen in seiner Einzel- und Besonderheit und dem frei gewählten Inhalt dieses Willens Dasein hat und haben kann. Jeder bestimmte Inhalt, der er nicht selbst ist, wird in diesem Willen negiert. Der Wille strebe nach Hegel als an-und-für-sich-freier Wille, also allein in der absoluten Negation jeglicher Willensinhalte nach Aufhebung dieser Endlichkeiten aller konkreten Willen. Dafür schaffe er sich eine ihm eigene Substanz, werde Subjektivität jenseits aller Objektivität und aller bestimmten Willen. Der an-und-für-sich-freie Wille stellt sich negativ zu allem menschlich gefassten Inhalt, er wird zu einem Willen jenseits des Menschen, zum un-menschlichen Willen.


Die Freiheit, die mit diesem Inhalt gewonnen ist, ist aber gerade formell, weil nur selbstbezüglich und darin leer. Als Wille kann dieser an-und-für-sich-freie Wille so als seiner Grundlage (des bestimmten Willens in seiner Objektivität) und seiner Substanz (im menschlichen Subjekt) entrückt bezeichnet werden. Als dennoch Wille verdient er sich die Kennzeichnung als widersprüchlich oder verrückt27, da er als Wille, der sich nur auf sich selbst bezieht, seinem Begriff in sich widerspricht.


Als Mensch seinen Geist und insbesondere seinen Willen in dieser Art und Weise getrennt von sich zu formieren, heißt sein Subjektsein aufzugeben. Das ist allerdings kein Aufgeben seines Willens zugunsten eines anderen Inhalts, mit mehr oder weniger guten Gründen und Kompromissen, etwa gegenüber anderen Subjekten; dabei bliebe der Mensch gerade als denkendes Subjekt in seiner Freiheit erhalten. Diese Selbstaufgabe des Willens ist eine grundsätzliche, sie ist eine unbedingte Negation seines Willens. Ein Subjekt, das den Willen als Selbstzweck getrennt von sich will, begibt sich darin des Willens als seines Mittels, es ermöglicht diesem Willen, dessen Objekt zu werden. Ein Wille dieser Art mag zwar als Befreiung des Willens vorgestellt werden, er verlässt darin aber das Reich der Freiheit für den Menschen.




II. Person – Subjektsein eines an-und-für-sich-freien Willens


Dieses Wesenselement des Menschen, frei allein darin zu sein, dass er sich als rein selbstbezüglicher Wille fasst, setze sich nach Hegel gegen ein anderes, ihm auch bekanntes Prinzip, durch: das menschliche Leben in seiner gegenständlichen Welt. Hegels gesamte Ausführungen zur Idee der Freiheit lassen das Leben des Menschen nicht nur als nachrangig gegenüber der Freiheit erscheinen. Diese Idee richtet sich grundsätzlich gegen die Menschen in ihrer Lebendigkeit, zunächst darüber, dass sie im lebendigen Menschen selbst Gestalt annehme.



1. rechtliches Subjektsein des Menschen in der Person


Person ist eine abstrakte, punkthafte Gestalt von einem Subjekt, das von allem ihm äußerlichen Abstand nimmt. Dieses inhaltlich arme Subjekt ist nichts als selbstbezogen, das ist seine ganze Bestimmtheit. Die Qualifizierung dieser Art von Subjekt geht allerdings schon in ihren ersten Bestimmungen (auch nach Hegel) unverkennbar mit einer Distanzierung gegenüber dem Menschsein einher. Diese Distanzierung betrifft das wollende Subjekt selbst in seiner Bedürftigkeit sowie alle seine anderweitigen Willensinhalte. Sie gilt aber auch gegen andere Menschen, wie auch gegenüber allen Dingen in ihrer natürlichen Bedeutung für die Menschen.

Im tatsächlichen Willensalltag wie in Hegels systematischer Vorstellung ist es gerade ein derartiges leeres, nur ideelles Subjekt, dem im rechtsförmlichen Eigentumsverhältnis alle Gegenstände der Welt als Objekt, sowie auch sonstige Rechte wie Pflichten zugeordnet sind.


Diese Person firmiert bei Hegels begrifflichen Bemühungen nicht nur in diesen objektiven Bestimmungen des subjektives Moment des Rechts. Vielmehr bestimmt Hegel die Person als unmittelbaren Ausgangspunkt und darin systematisch initialen Impetus zum Recht in seiner gesamten Ausgestaltung. Die Person ist von Hegel als abstrakter Begriff des Rechts damit nicht nur zum grundlegenden Moment28, zum Prinzip der Rechtlichkeit in seiner ganzen Wirklichkeit erhoben. Die Person fordere aus sich heraus ihre weitere logisch stringente Ausbildung in allen Formen des Rechts.


Mit der Fassung des Begriffs der Person als an-und-für-sich-freier Wille eines Menschen geht Hegel also über die rein verständige Wahrheit der Person hinaus. Als erster Auftritt der Idee der Freiheit trage die Person nach Hegels Darlegung den tatkräftigen Drang zum Recht in allen seinen Formen schon in sich, setze diese ihre Wahrheit von sich aus in der Welt. Deren Erwirkung in der Welt ist für Hegel nicht nur logisch nachvollziehend entwickelt allein aus dem einfachen Begriff des Sachverhalts. Der Wille als Idee schaffe sich darin nach Hegel aktiv seine Objektivität in der Welt.

Damit sind nicht nur die engeren Formen des Rechts gemeint, die uns als juristische geläufig sind, sondern in der Sittlichkeit auch die Formen wirtschaftlichen Handelns und ihre gesellschaftlich gewollte Organisation als Form des Rechts und Folge dieses seines Prinzips betrachtet29.


Auch wenn die logische Herleitung dieses grundlegende Rechtssubjekts, der Person, hier begründet abgelehnt wird, sei dennoch hier zunächst das Dasein und die kategorialen Bedeutung der Person im Recht hingenommen. Im weiteren gilt es den Gehalt und die begriffliche Qualität und Wertigkeit dieser Kategorie zu beurteilen, gerade für die damit beanspruchten Notwendigkeiten aus ihr, die für Hegel nicht mehr nur theoretischer sondern auch praktischer Natur sind.

Denn Hegel behauptet, dass sich aus dem an-und-für-sich-freien Willen etwas für die einzelnen Willen der Menschen in ihrem Inhalt folgern lasse.

Hier gilt es zu prüfen, ob Hegels Folgerungen aus dieser Sorte Willen schlüssig sind, ob es logisch nachzuvollziehen ist, dass bzw. auch in welcher Form ein derart losgelöster Wille sich in die Menschen ergießen mag und weiter über sie als Personen in der Welt Geltung gewinnt.

Es könnte sich auch ergeben, dass Hegel mit seiner Darlegung der bürgerlichen Gesellschaft als Ausfluss eines an-und-für-sich-freien Willens nur eine die menschliche Wirklichkeit zerstörende Abstraktion nachzeichnet, deren positiver Inhalt ein ganz anderer sein mag als Hegel sich vorgestellt hat.



2 . An-und-für-sich-freier Wille – selbstgenügsam oder mit Drang über sich hinaus?


Für diesen hegelschen an-und-für-sich-freien Willen ist zunächst und grundsätzlich zu bedenken, ob er nicht als dieser Wille, worin er Subjekt und Objekt seiner selbst ist, in seiner Bestimmung verharren kann.


Der an-und-für-sich-freie Wille ist nach Hegel einerseits in seiner allgemeinen Bestimmtheit als gegeben hinzunehmen. Obwohl also von Hegel als logische Folge des Geistes, als die des Willens-an-sich behauptet, steht dieser besondere Wille des Menschen im Recht und als Moment des Rechts für sich. Dieser Wille gilt auch ohne diese vermittelnde, logisch rückblickende Erklärung: Er setzt sich, er ist Begriff seiner selbst, wenn auch noch nicht als entfalteter. Als erstes Moment des Begriffs des Rechts vermittelt er sich erst in seinen weiteren Ausführungen, seiner Wirklichkeit.


Schon in seiner Subjekt-Qualität als Wille kann diesem Willen keine Notwendigkeit über seine gesetzte Selbstbestimmung hinaus erwachsen, sonst wäre er kein Wille. Aber auch seine Objekt-Qualität als dieser Wille fördert keine Folgerungen auf andere Inhalte als eben diesen gefassten zutage.

Als diesem so bestimmten Willen ist ihm auch keine Möglichkeit des Bezugs auf andere Dinge als er selbst eröffnet, sonst wäre er nicht mehr dieser bestimmte selbstbezügliche Wille.

Damit kann diese selbstbeziehende Bestimmung auch als sein in sich abgeschlossener Gehalt gelten, aus dem nichts weiter folgen muss.

Mithin findet sich keinerlei Notwendigkeit für diesen Willen in sich, über sich als der er schon ist, hinauszugehen.


Allerdings kann man dennoch verfolgen, welche Momente Hegel jenseits dieser logischen Beurteilung für ein Hinausgreifen dieses an-und-für-sich-freien Willens über sich selbst anführt.


Entgegen des von Hegel dargelegten Inhalts und der Form dieses an-und-für-sich-freien Willens ist dieser nach Hegel dennoch noch keiner des Daseins, ihm ist ausdrücklich noch keine Wirklichkeit zugemutet. Warum das so sein soll, ist mit Hegels Darlegung aber nicht nachzuvollziehen.

Systematisch könnte man diesen an-und-für-sich-freien Willen ähnlich dem Sein in der Logik einordnen30, aus dem Hegel wegen seiner Qualitätslosigkeit das Nichts folgert. Gegen diese Parallele zur Logik des Seins ist allerdings einzuwenden, dass dieser an-und-für-sich-freie Wille eben doch nicht ganz so unbestimmt ist wie das Sein, sondern bestimmt ist als Wille, weiter als selbstbezüglicher Wille. Damit ist der an-und-für-sich-freie Wille schon inhaltlich gefüllt und vermittelt, wenn auch nur mit sich selbst.


Diese Unmittelbarkeit und zugleich Selbstbezogenheit und deshalb Wahrheit des an-und-für-sich-freien Willens nimmt Hegel dennoch im Weiteren als Mangelzustand. Seinem Bestimmen wie sein Bestimmtsein in nichts als sich selbst fordert Hegel einen Fortgang ab. Wie bei den Entwicklungen der objektiven Logik begibt sich Hegel allerdings auch hier in einen Widerspruch:

Soweit die Bestimmung des an-und-für-sich-freien Willens (wie auch des Seins) nur als rein negativ zu allen Willen(sinhalten) (wahr)genommen wird, ist sie leer und nichtig, und darin zugleich unendlich. Aus dieser Bestimmung etwas zu folgern, ist unmöglich.


Gegen diese Widersprüchlichkeit, und auch Verrücktheit eines solchen an-und-für-sich-freien Willens setzt Hegel, dass dieser Wille nach seinem Begriff doch auch ebenfalls Wille ist und als solcher, in seiner Eigenschaft in seinem An-sich-Sein beurteilt werden muss. Als eben ein derart genommener Wille sei er aber dann doch kein Wille, wenn er sich nicht als bestimmter außerhalb seiner selbst verwirklichen will. Wirklich zu werden, tatsächlich bestimmend zu sein außerhalb seiner selbst war die allgemein notwendige inhaltliche Bestimmung des Willens, wie er an sich ist. Allerdings war es für Hegel zunächst ein logisch fortschreitender Vorzug des an-und-für-sich-freien Willens, dass er sich nur selbst will, und er nicht eine ihm äußerliche Welt tatsächlich bestimmt.


Anders ausgedrückt: Nach Hegel hatte der Wille als an-und-für-sich-freier Wille zunächst zu sich selbst gefunden und alle seine Äußerlichkeit hinter sich gelassen. Dieses selbe Moment nimmt Hegel dann in einem zweiten Schritt als Mangel. Ein Wille der nicht inhaltlich, also etwas anderes als sich selbst bestimmt, nicht konkret in der Welt wirkt, ist danach kein Wille. Nun verlangt Hegel auch diesem zu sich als Subjekt wie Objekt befreiten Willen ein Bestimmen außerhalb seiner selbst ab.


Hegels logisch vorantreibenden Einwände gegen den An-und-für-sich-freien Willen erschließen sich also nicht aus ihm als dieser bestimmte selbstbezügliche Wille. Dieser Mangel ergibt sich allein aus einer Bestimmung des Willens, die dieser an-und-für-sich-freie Wille gerade hinter sich gelassen hat. Diesem bestimmten an-und-für-sich-freien Willen genügte seine Bestimmung als Wille an sich und Wille für sich nicht, er sei nach Hegel über diese Art Willen hinausgewachsen. Der Fortgang über den an-und-für-sich-freien Willen hinaus ergibt sich also bei Hegel gerade nicht aus einem Mangel von diesem besonderen Willen selbst, sondern nur rekurrierend auf einen Willen anderer Art, in der Bestimmung als Wille an-sich, die der an-und-für-sich-freie Wille gar nicht mehr hat.


Aus diesen Überlegungen heraus ist dieser Entwicklungsschritt Hegels ebenfalls grundsätzlich und von seinem Ausgangspunkt her schon abzulehnen.




3. Person als Erscheinen des an-und-für-sich-freien Willens im einzelne Menschen


Auch wenn man das hegelsche Hinausgehen des (allgemeinen) An-und-für-sich-freien Willens aus sich selbst schon grundsätzlich nicht als notwendigen Schritt akzeptiert, können dennoch Hegels Folgerungsschritte aus ihm für sich einer Überprüfung unterworfen werden. Auch die für Hegel daraus resultierenden Kategorien gilt es für sich zu beurteilen.


a.

Hegel hebt seine Entwicklung zur Person an mit dem allgemeinen an-und-für-sich-freien Willen, nur als solcher gilt er Hegel als unmittelbar. Das hält nicht nur fest, dass die Fülle der besonderen Willensinhalte, in der ein Mensch tätig wird, in dem Personsein des Menschen ausdrücklich nicht eingeschlossen ist:

Nach dem Momente der Besonderheit des Willens hat er einen weitern Inhalt bestimmter Zwecken und als ausschließende Einzelheit diesen Inhalt zugleich als eine äußere, unmittelbar vorgefunden Welt vor sich.“ (§34)

Darüber hinaus bringt Hegel damit zum Ausdruck, dass ein an-und-für-sich-freier Wille keine unmittelbare Eigenschaft oder Tat tatsächlicher Menschen darstellt. Die Konkretion im einzelnen Menschen muss in seiner unmittelbaren Allgemeinheit und jenseits der anderweitigen Willensinhalte des Menschen erst hergestellt werden.

Nach Hegel soll allerdings diese seine abstrakte Allgemeinheit aus sich heraus eine Vermittlung im Menschen erfahren. Diese Konkretisierung des an-und-für-sich-freien Willens im Menschen hält Hegel für selbstverständlich. Eine Begründung für diesen Schritt legt er nicht vor:

Der an und für sich freie Wille, wie er in seinem abstrakten Begriffe ist, ist in der Bestimmung der Unmittelbarkeit. Nach dieser ist er seine gegen die Realität negative, nur sich abstrakt auf sich beziehende Wirklichkeit – in sich einzelner Wille eines Subjekts. (§34)

...daß diese erste Unbestimmtheit selbst eine Bestimmtheit ist. Denn die Unbestimmtheit liegt darin, daß zwischen dem Willen und seinem Inhalt noch kein Unterschied ist; aber sie selbst, dem Bestimmten entgegengesetzt, fällt in die Bestimmung ein Bestimmtes zu sein; die abstrakte Identität ist es, welche hier die Bestimmtheit ausmacht; die abstrakte Identität ist es, welche hier die Bestimmtheit ausmacht; der Wille wird dadurch einzelner Wille – die Person. “ (Rph §34Z)

Oder lapidar:

„… der Geist sich als abstraktes und zwar freies Ich zum Gegenstande und Zwecke hat und so Person ist.“ (Rph § 35A)

Der Geist in der Unmittelbarkeit seiner sich selbst seiender Freiheit ist einzelner, aber der seine Einzelheit als absolut freien Willen weiß: er ist Person, das Sichwissen dieser Freiheit...“ (E §488)

Dieser Übergang aus der Unmittelbarkeit und noch Abstraktheit dieser Art allgemeinen Willens in seine konkrete Existenz als einzelner, allerdings ebenfalls allgemeiner kann lediglich als eine Erweiterung seiner bisherigen Bestimmung vorgebracht werden. Die logischen Verknüpfungen lauten einerseits vage „nach dieser“, „dadurch“, andererseits kommen sie als Gleichsetzung mit „ist“. Eine nähere Begründung für diesen Schritt hält Hegel nicht für angebracht.


Unabweislich mag durchaus sein: Wenn es diesen an-und-für-sich-freien Willen (als einfaches und abstraktes Prinzip eines sich verwirklichenden Begriffs) geben sollte und er sich als existent setzen mag in der Welt, dann kann das nur in einem konkreten an-und-für-sich-freien Willen sich vollziehen. Diese Folgerung erscheint einerseits banal, aber auch widersprüchlich, da sie schließend ebenfalls nur zurückgreift auf die abstrakten Ausgangsbestimmungen des Willens-an-sich, die der an-und-für sich-freie Wille nach Hegel gerade hinter sich gelassen hat.

Mehr als die Ausführung der allgemeinen Bestimmung dieses Willens in die und in der Einzelheit eben derselben Allgemeinheit kann dieser Schritt nicht enthalten. Der Wille zur Person in Einzelheit will ebenfalls sich als dieser Wille in Allgemeinheit, als an-und-für-sich-freier Wille, und gerade nicht mehr in und abhängig von der Konkretion dieses einen besonderen Menschen. Von einer Schlussfolgerung im engeren Sinn kann da nicht die Rede sein, da ein neuer Inhalt sich hiermit gerade nicht ergibt.

Die Allgemeinheit dieses für sich freien Willens ist die formelle, die selbstbewußte, sonst inhaltslose einfache Beziehung auf sich in seiner Einzelheit, – das Subjekt ist insofern Person.

In der Persönlichkeit liegt, daß ich als Dieser vollkommen nach allen Seiten (in innerlicher Willkür, Trieb und Begierde, sowie nach unmittelbarem äußerlichen Dasein) bestimmte und endliche, doch schlechthin reine Beziehung auf mich bin und in der Endlichkeit mich so als das Unendliche, Allgemeine und Freie weiß.“ (Rph §35)

Die Folgerung der Konkretion im einzelnen Willen aus diesem allgemeinen an-und-für-sich-freien Willen ist also keine die sich aus seinen Qualitäten ergibt und etwas anderes als eben diesen Willen als Resultat ergibt. Es ist nur der Übergang von seiner Bestimmung der abstrakten Allgemeinheit zu der derselben Bestimmung seiner Konkretion im einzelnen Menschen. Dieser Vorgang einen derartigen Willens als konkreten zu bilden wäre dann gegen Hegel nur als zufälliger oder eben schon vorfindlicher Akt zu nehmen, etwa als akzidentielle Laune des jeweiligen einzelnen Menschen, ohne eine systematische Notwendigkeit, selbst wenn alle einzelnen Subjekte der Gesellschaft diese Art Willen praktizieren.

Eine substantieller Grund für einen derartigen Willen eines Menschen ist bei Hegel gerade ausgespart und für obsolet befunden.



b.

Als Eingeständnis dahingehend mag Hegels Hinweis auf die Historizität dieser Art Willen gelten. Der Wille, der als Tätigkeit des Menschen immer vorhanden und darin frei ist und war, muss den Akt hin zu seiner Selbstzweckhaftigkeit erst als besonderen vollzogen haben. Mehr als diesen historischen Tatbestand des Geistes dahingehend weiß Hegel nicht zu benennen für den Schritt zum Recht. Einen substanziellen Grund dafür fasst er dafür nicht ins Auge.


Dass dieser Wille als der des einzelnen Menschen Geltung hat in der Welt, meint Hegel als Errungenschaft des Christentums zu verorten, auch bezogen auf die eigene Natur frei, d.h. nicht Sklave zu sein. Darin bezieht sich die Freiheit allerdings noch auf das Konkretum, als Mensch jenseits seines Willens materiell nicht unterworfen zu sein, sondern über sich als Menschen selbst bestimmen zu können.

Diese Idee (der Freiheit, HH) ist durch das Christentum in die Welt gekommen, nach welchem das Individuum als solches einen unendlichen Wert hat, indem es Gegenstand und Zweck der Liebe Gottes, dazu bestimmt ist, zu Gott als Geist sein absolutes Verhältnis, diesen Geist in sich wohnen zu haben, d.i. daß der Mensch an sich zur höchsten Freiheit bestimmt ist.“ (E §482Z)

Mit der Freiheit als Selbstzweck einer Person und im (bürgerlichen) Recht hat das gerade noch nichts zu tun.

Allerdings kann man hier die Parallele bedenken, dass auch das Christentum dem Menschen gerade nicht als Individuum, sondern nur qua Ermächtigung von höheren, jenseitiger Instanz Willen und Subjektivität zugesteht.



c.

Hegel führt im Weiteren die Person in ihrer Existenzweise als Mensch, als tatsächlich existierendes, auch körperlich lebendiges menschliches Ich aus.

Die Person hat als der unmittelbare Begriff und damit auch [als] wesentlich einzelne eine natürliche Existenz, teils an ihr selbst, teils als eine solche, zu der sie als einer Außenwelt sich verhält.“ (Rph §43)

Das bedeutet zunächst, aber nicht abschließend:

Als Person bin Ich selbst unmittelbar Einzelner; dies heißt in seiner weiteren Bestimmung zunächst: Ich bin lebendig in diesem organischen Körper, welcher mein dem Inhalte nach allgemeines ungeteiltes äußeres Dasein, die reale Möglichkeit alles weiter bestimmten Daseins ist.“ (Rph §47)

Ausgerechnet die abstrakte Unmittelbarkeit des Begriffs der Person, die die Lebendigkeit des Menschen überwindende Abstraktion von ihm, habe nach Hegel Dasein im materiell existierenden Menschen. Dieser Schritt, dass der Mensch in seiner Lebendigkeit als Dasein der Person figuriert, ist mit Hegels Darlegungen aber in keiner Weise nachzuvollziehen.


Das gilt v.a., weil für Hegel diese begriffliche Person auch im einzelnen Menschen weiterhin nur in ihrer leeren Allgemeinheit vorliegt:

Nur von diesen Sachen, als die es unmittelbar, nicht von Bestimmungen, die es durch die Vermittlung des Willens zu werden fähig sind, ist hier bei der Person, die selbst noch in ihrer ersten Unmittelbarkeit ist, die Rede.“ (Rph §43)

Für Hegel bleibt damit die Person als konkreter Mensch Allgemeinheit dieser Art Willens, wenn auch in Einzelheit. Das Personsein des Menschen liegt von daher immer noch rein begrifflich vor, also als allein geistiges und allgemein bestimmtes Element noch im Zustand vor seines Verwirklichung. Der einzelne Mensch kann von daher gerade weder in seiner Leiblichkeit noch in seiner anderweitigen Geistigkeit Dasein dieses an-und-für-sich-freien Willens darstellen.

Die Einzelheit eines bestimmten menschlichen Individuums figuriert bei Hegel gerade nicht als das erscheinende Dasein dieses allgemeinen Willensmoments. Von daher sind hier die einzelnen Personen auch wieder keine in einer einzelnen Konkretheit, noch sind sie als viele fassbar:

In der Persönlichkeit sind die mehreren Personen, wenn man hier von mehreren sprechen will, wo noch kein solcher Unterschied stattfindet, gleich. Dies ist aber ein leerer tautologischer Satz; denn die Person ist als das Abstrakte eben das noch nicht Besonderte und in bestimmtem Unterschiede Gesetzte.“ (Rph §49)


d.

Das Stattfinden und Verharren des an-und-für-sich-freien Willens in der Einzelheit eines Menschen ist auch in anderer Hinsicht nicht so eindeutig wie Hegel das vorbringt. Auch als einzelner Wille mit dem besonderen Inhalt An-und-für-sich-frei bleibt dieser Wille in der Sphäre der Allgemeinheit. Als Allgemeinheit eines solchen Willens, also allen Willen gemeinsamer Inhalt muss er gerade nicht notwendig allein in der Einzelheit eines Menschen vorliegen. Vielmehr kann sich diese Art Willen auch in der (Hegel geläufigen) Vielheit von derartigen gleichen einzelnen Willen manifestieren. Da inhaltlich als Allgemeinheit jeglichen Willens gefasst, ist das auch möglich als Wille aller einzelnen Willen, also aller Willen zugleich und zusammen. Alle diese Willen könnten sich ununterscheidbar und in identischem Inhalt als Person wollen, betätigen und auch objektiv so genommen werden. Alle diese Willen könnten also nicht nur als einzelne, sondern insgesamt und zusammen als die Person begrifflich gefasst und gelten gelassen werden, auf die es Hegel ankommt.


Hegel ist ein Dasein eines solchen an-und-für-sich-freien Willens als konkretem allgemeinen Willen durchaus geläufig im Willen des Staates. Mit der hier angedachten kurzen Schlussfolgerung wäre allerdings auch absehbar Hegels Zwischen-Schritt hin zum Eigentum als Willensakt einer einem einzelnen Menschen zugeordneten Person obsolet. Darüber hinaus wäre sein weiterer systematischer Fortgang zu einer Gesellschaft von rechtlichen Vertragsgestaltungen und daraus sich ergebenden Gegensätzen dieser verschiedenen Einzelpersonen über verschiedenes gegenständliches Eigentum hintertrieben. Ohne den Schritt über das Einzel-Eigentum des einzelnen an-und-für-sich-freien Willens wäre die konkrete allgemeine Person unmittelbar hergestellt, wenn als solche ebenfalls ohne weiteren Inhalt. Das Personsein aller Menschen gemeinsam wäre damit auch nicht von ihnen abtrennbar und als Staat ihnen gegenüber zu setzen.


e.

Hegel könnte sich allerdings auf die Existenz, also das offensichtliche, tatsächliche Dasein derartiger allgemein selbstbezogener Willen in ihrer Einzelheit eines Menschen berufen. Damit wäre seine Anstrengung der logischen Herleitung dieses konkreten selbstbezüglichen Willens aus anderem als sich selbst allerdings grundsätzlich konterkariert. Er würde sich dann allein in seinem bestimmten Inhalt erschöpfen und Wirklichkeit gewinnen. Dass es offensichtlich Menschen als einzelne und viele gibt, die diesen Willen des Selbstbezugs des Willens praktizieren, ist für Hegels beabsichtigte logische Entwicklung dahingehend nicht hilfreich. Dass es sogar eine durchgesetzte allgemein und für alle einzelnen gültige Sitte darstellt, einen derartigen Willen zu praktizieren, trägt dazu auch nicht bei. Alles in Allem ist der Weg von diesem abgehobenen Willen zu seiner einzelmenschlichen Emanation also bei Hegel als logisch notwendiger nicht dargestellt.


4. Fazit:

Hegels Entwicklung kommt ausgehend vom an-und-für-sich-freien Willen in seiner Allgemeinheit hin zum Willensakt Person eines konkreten einzelnen Menschen letztlich über die Darlegung einer Möglichkeit für den Einzelwillen, neben der Fassung anderer Inhalte (auch) Person zu sein nicht hinaus. Eine Notwendigkeit für die Entwicklung dieses Willens beim Menschen aus dem an-und-für-sich-freien Willen in seiner subjektiv unbestimmten Allgemeinheit ist in seiner Systematisierung nicht erkennbar.


Die Willensbildung der Menschen mag zwar auch für Hegel von ihrem konkreten Einzelwillen ausgehen. Der Anerkennung als diese Willen sowie deren Kompromisbildung mit anderen Willen, hin zu einem gemeinsamen und darin allgemeinen Willen, also der umfassenden politischen Herstellung und gesellschaftlichen Gestaltung von Wohl und Gemeinwesen erteilt Hegel aber eine Absage. Die notwendige Relativierung dieser Einzelwillen am von ihm so anders konzipierten allgemeinen Willen ist ihm über die subjektiven Einzelwillen nicht hinreichend zu leisten. Er vertraut gerade nicht auf eine Einsicht der Menschen in eine gemeinsame und bewusst gestaltete vernünftige Bildung ihrer Willen. Vielmehr zieht es Hegel vor, eine Vernunft hinter dem Rücken der menschlichen Subjekte und jenseits ihrer tatsächlichen Willen sich verwirklichen zu lassen. Letztlich ist diese sich verobjektivierende List dieses Willens vorgegeben in der von den dem Konkreten verhafteten Einzelwillen getrennten Vollzug des Eigentums, sowie im ihnen übergeordneten Instanz Staat. Mag der Mensch als Einzelwille und in nur subjektiver Absicht sein Wohl verfolgen, soweit er als Person und Eigentümer vorgeht, endet er beim notwendig von sich getrennten allgemeinen Willen mit einer materieller Durchsetzungsmacht auch gegen sich. Mit dieser mag er als Person angemessen bedient sein, aber keinesfalls als Mensch.


Ein substantielles wie auch logisch notwendiges Movens nicht nur für einen einzelnen, sondern für viele, wenn nicht fast alle Menschen, einen derartigen selbstbezüglichen Willen zu fassen, ist offensichtlich für die Menschen selbst wie auch nachvollziehend für und mit Hegel nicht zu identifizieren und zu verfolgen. Einen tatsächlich wirksamen Grund dahingehend ausfindig zu machen, ist mit Hegels Konstruktion und Setzung dieses Willens als allgemeine wie unmittelbare Idee ganz aus dem Blickfeld geraten. Nicht einmal mehr ein Räsonnement dahingehend ist möglich. Warum der einzelne Mensch diesen Willen fasst und für sich Person wird, dafür gibt Hegel gerade in seinen initialen Bestimmungen dieser Kategorie keinerlei Anhaltspunkte, etwa in gesellschaftlichen Konstellationen oder darüber bestimmte subjektive Gründe, noch macht er objektive Notwendigkeiten geltend.





III. Zur Verwirklichung der Person im Eigentum


Das Phänomen Eigentum ist von Hegel zwar nicht mehr als Angelegenheit der Natur überhaupt oder der Natur des Menschen genommen, sondern als lediglich der spezifischen Natur des Willens geschuldet. Darin ist auch das Eingeständnis enthalten, sonst keine anderen (guten oder schlechten) Gründe für das Eigentum außerhalb des Willens selbst ausfindig machen zu können und zu wollen.

Allerdings ist es nach Hegel nicht der Wille in tautologischer Weise, also der Wille mit dem Inhalt Eigentum, der das Eigentum hervorbringt und bestimmt. Der Wille ist bei Hegel nur als Grund des Eigentums gefasst; und nur soweit und indem sich der Wille als Wille an sich und mit bestimmtem Inhalt transzendiert (hat), gilt er für Hegel als Grund für das Eigentum. Er wird Wille zum Eigentum darüber, dass er einerseits sich als rein selbstbezogener Wille gibt, andererseits als dieser besondere Wille sich transzendiert und dennoch etwas anderem als sich selbst widmet.


Alles in Allem ist damit gegen eine Willkür und Freiheit beim Willen zum Eigentum gerade eine Unausweichlichkeit des Eigentums fixiert, der man sich als Gegebenem zu stellen habe31:


„… es ist Pflicht Sachen als Eigentum zu besitzen.“ (E 486A)


Die Person muß sich eine äußere Sphäre ihrer Freiheit geben, um als Idee zu sein.“ (RPh §41)


Nach Hegel sei die Person als ein so selbstbezogener Wille eines Menschen – als der er sie allein bestimmt – gerade nicht selbstgenügsam und auf sich beschränkt. Hegel sieht im Gegenteil in diesem Willen gerade eine Notwendigkeit, über sich selbst in seiner nur geistigen Idealität und Selbstbezogenheit hinauszugehen. Der Mensch als Person könne nicht in der selbstbezogenen Geistigkeit verharren, sondern müsse gerade wegen seiner Geistigkeit in erweitertem Sinne zur Idee in der materiellen Welt werden, als dieser Begriff getrennt von sich Existenz oder Dasein gewinnen.


Dieser Schritt der menschlichen Person, also des auf sich selbst-bezogenen Willens eines Menschen, hin zum Inhalt Eigentum, zeigt sich in seiner Notwendigkeit ebenfalls keineswegs schlüssig:



1.

Dass ein Wille vorgestellt wird als Notwendigkeiten ausgesetzt und einer Logik unterworfen, mag schon als Einschränkung seiner Freiheit gelten, da damit doch seine Qualität als Wille relativiert ist. Hegel ignoriert diesen Widerspruch mit dem Argument, dass diese Notwendigkeiten sich nicht als äußerliche, sondern allein aus der Innerlichkeit des Willens selbst ergeben.



2.

Zur Erläuterung benennt Hegel den Grund, warum die Person sich über ihre Selbstbezogenheit hinausbewegt, warum sie sich mit der erreichten Freiheit in sich selbst nicht begnügt, sie ihre Freiheit in etwas sucht, was sie in ihrer bisherigen Bestimmung nicht ist:


Weil die Person der an und für sich seiende unendliche Wille in dieser ersten, noch ganz abstrakten Bestimmung ist, so ist dies von ihm Unterschiedene, was die Sphäre seiner Freiheit ausmachen kann, gleichfalls als das von ihm unmittelbar Verschiedene und Trennbare bestimmt.“ (RPh §41)


Worin diese „erste“ Bestimmung der Person im konkreten Menschen „abstrakt“ und damit für Hegel („noch“) beschränkt sei, ist an dieser Bestimmung der Selbstbezogenheit ebenfalls nicht zu erkennen. Es ist auch nach der Entwicklung von Hegel die Person hier nicht mehr der an-und-für-freie Wille überhaupt, sondern derselbe als Akt eines Menschen, als dessen bestimmter Wille, auch wenn er sich in dieser Allgemeinheit, an-und-für-sich-frei sein zu wollen, beschränkt, wie es jeder bestimmte Wille auch nach Hegel tut, um Wille zu sein. Es ist diesem an-und-für-sich-freien Willen an dieser Stelle der hegelschen Systematik schon eine Wirklichkeit im Willenshaushalt eines konkreten Menschen gegeben. Es ist der bestimmte Wille eines Menschen, wenn auch nur bezogen auf sich als Wille. Diesem Willen gesteht Hegel aber noch nicht des Status als Verwirklichung des an-und-für-sich-freien Willens, als ein Dasein desselben, zu.


Die Schlussfolgerung („so ist“) darauf, auf was sich so ein nur als selbstbezogen bestimmter Wille in seinem Drang zu sich selbst, inhaltsleere Freiheit, richten kann, ist also in Frage zu stellen. So ein Wille als konkreter eines Menschen kann sich wie der abstrakte an-und-für-sich-freie Wille vor seinem menschlichen Personsein durchaus auch mit sich selbst begnügen, kann diese seine Freiheit auch als abgeschlossen in sich selbst nehmen. Es erscheint dann doch unsachlich und willkürlich konstruiert, dass ausgerechnet etwas der Inhalt dieses Willens sein oder werden soll, was er ausdrücklich nicht will.


Die Person als allein selbstbezogenes menschliches Subjekt bietet also in sich keinerlei Übergang zu nur irgendeinem anderen Moment. Der in ihr statthabende, sie allein ausmachende Willensinhalt ist statisch, ein Movens über sich selbst hinaus ist keine Qualität dieses Willens, eine weiter treibende Dynamik ist in ihm nicht vorhanden. Eine Hinwendung zu einem Gegenstand unterschieden von sich selbst ist an diesem Willen nicht absehbar. Er kennt und will nur sich selbst. Die Folgerung schon der Möglichkeit eines willentlichen Bezugs dieses so bestimmten Subjekts auf etwas, was es selbst nicht ist, ist allein aus diesem selbstbezüglichen Willen heraus nicht nachzuvollziehen.




3.

Hegel mutet diesem an-und-für-sich-freien Willen des Weiteren zu, dieses als gerade ihm Äußere bestimmte, das nur negative zu sich selbst, ausgerechnet als ihm eigen zugeordnet wollen zu sollen.


Dagegen kann man einwenden, dass ein Ich, ein Subjekt, das mit der Welt konfrontiert und aus ihr etwas von sich verschiedenes will, es als solches nur ihm äußeres generell und ohne es auf sich zu beziehen belassen könnte. Ein materiell-menschliches Ich könnte mit diesem bestimmten Etwas dann auch gebrauchend (auch kooperativ mit anderen Menschen) umgehen. Eine Person kann zwar wegen ihrer Eindimensionalität und reinen Idealität nichts dergleichen. Aber auch aus der Punkthaftigkeit der Person ist auch nicht zu folgern, dass allem willenlosen Etwas die Bestimmung gegeben werden muss, ganz und nur ihres zu sein.

Damit ist auch nicht nachzuvollziehen, warum Dinge in ihrer materiellen Fülle ihrer äußeren Existenz bestimmt werden allein in Bezug auf die Person, wodurch diese sie zur reinen, qualitätslosen Sache erklärt.





4.

Der Bezug des Subjekts auf das zu ihm negative beim Eigentum ist allerdings nach Hegel sowieso gar keiner auf das Objekt. Der an-und-für-sich freie Wille soll nach Hegel gerade im Eigentum ganz bei sich bleiben, im Eigentum letztlich nur seine eigenen Bestimmungen gegenüber der endlichen Wirklichkeit geltend machen. Hegel hebt als entscheidende Bestimmung des Eigentums hervor, dass die Person darin letztlich gar nicht über sich hinausgreift, sondern gerade bei sich ist und bleibt, beziehe sie sich doch im Gegenstand als Sache zugleich nur auf sich selbst:


Die Seite aber, daß Ich als freier Wille mir im Besitze gegenständlich und hiermit auch erst wirklicher Wille bin, macht das Wahrhafte und Rechtliche darin, die Bestimmung des Eigentums aus.“ (Rph § 45)


Dem Gegenstand in seiner Materialität gegenüber stellt sich die Person damit gleichgültig bis negierend, damit aber auch absolut bestimmend. Sie erklärt ihn zur „Sache“ mit der solitären Bestimmung, als allein negativ zur Person bestimmt, doch ihr zugeordnet, reines Produkt ihres Willens zu sein. So erhebt sich die Person über die Bestimmung des Gegenstands, was er ist und jenseits der Rechtsverhältnisse etwa für die Menschen sein könnte. Die Freiheit, die die Person damit gewinnt, ist so arm und leer wie ihre eigene Substanz. Der damit manifestierte Zweck ist einer dem Menschen als Menschen äußerlicher. Selbst wenn er als „Vergegenständlichung von Freiheit wahrgenommen“32 wird, muss wegen der Nichtzweckhaftigkeit des Eigentums im Willenshaushalt des Menschen eine Relativierung bis Widersprüchlichkeit im Willen der Menschen dabei festgestellt werden.




5. Bezug der Person auf den Menschen


a.

Bezug der Person auf sich als Mensch in seiner Besonderheit.


Nach Hegel kann der an-und-für-sich-freie Wille für sich in der menschlichen Besonderheit nur beschränkt Dasein gewinnen. Vielmehr wird für Hegel die konkrete Besonderheit des Menschen erst Wirklichkeit der Person, soweit zu Körper und zu Geistigem dieses Individuums von der Person das Verhältnis des Eigentums eingenommen wird.


Alle Objekte einer menschlichen Person haben nach Hegel nur die Bestimmung, nicht sie selbst als Person zu sein:


Weil die Person der an und für sich seiende unendliche Wille in dieser ersten, noch ganz abstrakten Bestimmung ist, so ist dies von ihm Unterschiedene, was die Sphäre seiner Freiheit ausmachen kann, gleichfalls als das von ihm unmittelbar Verschiedene und Trennbare bestimmt.“ (RPh §41)


Auch der Körper kann dem menschlichen Subjekt und Willen äußerlich werden:


Ich, als sinnlich, bin selbst äußerlich, räumlich und zeitlich.“ §42Z:



Der Mensch ist nach der unmittelbaren Existenz an ihm selbst ein Natürliches, seinem Begriffe Äußeres; erst durch die Ausbildung seines eigenen Körpers und Geistes, wesentlich dadurch, daß sein Selbstbewußtsein sich als freies erfaßt, nimmt er sich in Besitz und wird das Eigentum seiner selbst und gegen andere. Dieses Besitznehmen ist umgekehrt ebenso dies, das, was er seinem Begriffe nach (als eine Möglichkeit, [123] Vermögen, Anlage) ist, in die Wirklichkeit zu setzen, wodurch es ebensowohl erst als das Seinige gesetzt, als auch als Gegenstand und vom einfachen Selbstbewußtsein unterschieden und dadurch fähig wird, die Form der Sache zu erhalten (vgl.Anm. zu § 43).“ (§57)


Das könnte allerdings auch von Hegel noch in dem Sinne gemeint sein, dass der Wille an-sich sich dem Körper widmet, ihn nimmt und behandelt in seiner sich darbietenden Gegenständlichkeit:


Der Körper, insofern er unmittelbares Dasein ist, ist er dem Geiste nicht angemessen; um williges Organ und beseeltes Mittel desselben zu sein, muß er erst von ihm in Besitz genommen werden (§57).


Der Körper, insofern er unmittelbares Dasein ist, ist er dem Geiste nicht angemessen; um williges Organ und beseeltes Mittel desselben zu sein, muß er erst von ihm in Besitz genommen werden (§ 57)


In Bezug auf das Personseins des Menschen und bei Hegel eindeutig bedeutet das aber etwas darüber hinausgehendes:


Aber als Person habe ich zugleich mein Leben und Körper, wie andere Sachen, nur insofern es mein Wille ist. (§47)

Letztlich sind damit nicht nur Dinge, sondern ebenfalls der Mensch von der Person zur abstrakten Sache bestimmbar.



b.

Inwiefern eine andere Person in ihrem Personsein als Objekt zur Sache zu machen ist, ist bei Hegel nicht so eindeutig festgelegt.

Er stellt zwar fest:


Aber für andere bin ich wesentlich ein Freies in meinem Körper, wie ich ihn unmittelbar habe.“ (Rph §48)

Aber dies ist mein Wille, für den andern bin Ich in meinem Körper; frei für den andern bin ich nur als frei im Dasein, ist ein identischer Satz.“ (Rph 48A)


Als zunächst an-und-für-sich-freier Wille wäre er nur allgemein, und noch ohne Einzelheit und daher auch ohne Vielheit, also eine Objektsein für andere Personen nicht möglich.


Anders stellt es sich dar, soweit dieser an-und-für-sich-freie Wille Dasein in vielen einzelnen, konkreten Menschen gewonnen hat. Substantiell, also in der Allgemeinheit oder „Universalität“ ihrer Bestimmung, ist dann diese Objekt-Person zwar nicht verschieden von der Subjekt-Person. Aber in ihrer manifestierten Einzelheit im besonderen Menschen, wie sie an dieser Stelle von Hegel schon bestimmt ist, ist sie doch als Sache bestimmbar und zu nehmen.


Mithin ist selbst Hegels Folgerung, dass letztlich nur der Wille nicht zur Sache zu machen, der selbst abstrakter Wille ist, ebenfalls nicht schlüssig für die im Menschen materialisiert Person.


6. Der Mensch als abstrakte Negation der Person: Pöbel


Die Figur des personalen Subjekts beinhaltet grundsätzlich eine Distanz zum Menschsein, bis zur Negation seiner menschlichen Elemente, es beinhaltet also grundsätzlich das mögliche Objektsein des Menschen der zugleich Person ist. Es besteht mit dem Personsein darüber hinaus auch eine Isolation, Gleichgültigkeit und Nichtachtung gegen alle anderen menschlichen Subjekte in ihrem Subjektsein, ihrer Materialität und ihrem Willen. Für ein personales Subjekt kann nicht einmal eine Achtung einer anderen Person als Person gelten, es kennt nur sich und auf keinen Fall andere Personen.

Es kann, wie Hegel im Weiteren darlegt, mit anderen Personen bestenfalls ein Sich-ins-Benehmen-Setzen über Gegenstände geben, in denen sich die jeweiligen Personen als ihrem Eigentum verwirklicht haben. Es resultiert, dass die menschlichen Subjekte als Personen und auch als Eigentümer einander nie Zweck sein können, sondern allenfalls Mittel. Auch einander Person zu sein und sich als solche zu nehmen und zu achten, ist nur über individuelle materielle Zweckverfolgung des Menschen als Menschen möglich, der neben sich als Mensch eben nur auch Person ist.


Entgegen der Vorstellung und systematischen Entwicklung von Hegel ist es gerade diese Figur einer zu sich und für sich als Selbstzweck befreiten Subjektivität der Person, die ihre unbegrenzte Freiheit gegen alle und alles wendet und behauptet. Die dieser Person nach Hegel allein mögliche Hinwendung zu Gegenständen im Eigentum enthält deshalb auch schon alle Rücksichtslosigkeit gegen die Mitmenschen.

Nach Hegel ist für die Person allein dieser Schritt zum Eigentum möglich, folgerichtig ist auch das Sich-ins-Benehmen-setzen mit anderen Menschen im Vertrag über Sachen keine Selbstverständlichkeit für ein derart selbstbezogenes Subjekt. Der Person für sich liegt der Schritt zur gesellschaftlichen Nur-Rücksichtslosigkeit sogar näher als der zur Ausbildung gesitteter Verfahren und geordneter gesellschaftlicher Verhältnisse über den Umweg des Eigentums. Selbst mit Einnahme eines Eigentumsverhältnisses ist der Menschenperson also nicht notwendig ein Weg zu Moral und Sittlichkeit gewiesen. Die gegen sich und andere Menschen rücksichtslose Freiheit dieses selbstbezogenen Subjekts ist damit nicht aufgehoben. Auch und gerade mit dem Eigentum gestaltet sich die Gesellschaft von Reichtum und auch der Armut.


Hegel denunziert im Weiteren als un-sittlich und un-moralisch, und damit gesellschaftlich defizitär nicht diese selbstbezogene Person in ihrem Anspruch auf alles und der Rücksichtslosigkeit gegen alle Mitmenschen und andere Personen, sondern umgekehrt den Menschen in seiner abstrakten Negation dieses Personseins. Hier kommt fortgesetzt zum Tragen, dass er das Menschsein nicht in der Vielfalt seiner Konkretion thematisiert und darüber Gemeinsamkeiten und etwa Konsens zu entwickeln bedenkt. So gerät ihm aus der Perspektive der Person der Mensch mit seinen als Anspruch vorgetragenen endlichen Willensinhalten zur eindimensionalen Nicht-Person, zum Pöbel.


Das Pöbelsubjekt ist in Hegels Entwicklung allerdings allein als Negation der Person formuliert, kann für sich keinen Gehalt gewinnen. Es bleibt damit als sein reines Negativum zur Person dem abstrakten Recht verhaftet. Dieser Pöbel-Mensch verharrt nach Hegel – der Person ebenbürtig – abstrakt in seiner Subjektivität. Das Pöblensubjekt bringt auch gar nicht seine menschlichen Qualitäten und Bedürftigkeiten in ihrer Besonderheit zur Geltung; es bequemt sich aber auch nicht den von Hegel der Person empfohlenen moralischen und sittlichen Verfahrensweisen an.33


7. Resümee:


Alles in Allem ist festzustellen, dass Hegel die Entwicklung des Eigentums aus dem von ihm als logisches Prius gesetztem an-und-für-sich-freien Willen nicht leistet, und er somit an seinem eigenen Anspruch von wissenschaftlicher Erklärung des Eigentums scheitert:


„… der Begriff (…) allein es ist, was Wirklichkeit hat und zwar so, daß er sich diese selbst gibt“ (Rph §1)


Dass der von Hegel logisch entfaltete, rein geistige Drang des selbstbezogenen freien Willens nur bedingt zu seiner Verwirklichung im Eigentum hinreicht, deutet er selbst in der historischen Relativierung des personalen Willens an:


Es ist wohl an die anderthalbtausend Jahre, daß die Freiheit der Person durch das Christentum zu erblühen angefangen hat und unter einem übrigens kleinen Teil des Menschengeschlechts allgemeines Prinzip geworden ist. Die Freiheit des Eigentums aber ist seit gestern, kann man sagen, hier und da als Prinzip anerkannt worden. – Ein Beispiel aus der Weltgeschichte über die Länge der Zeit, die der Geist braucht, in seinem Selbstbewußtsein fortzuschreiten – und gegen die Ungeduld des Meinens. (Rph 62A)


Wenn Hegel auch darauf beharrt, dass nichts als der Freiheitswillen der Person das Eigentum zeitigt, welche Art Zeitgeist der Person und welche materielle Substanz den Schritt tatsächlich und letztlich nahelegt, sich im Eigentum zu manifestieren, ist ihm keine Frage wert.




























IV. Eigentum bei Hegel


Auch wenn Hegels Entwicklung des Eigentums aus der Person nicht einleuchten mag, so kann doch zugestanden werden, dass er das Eigentum in seiner Rechtsphilosophie34 in seiner Tatsächlichkeit an- und aufnimmt und zunächst stimmig zur Darstellung bringt.


1. Begriff des Eigentums und seine Scheidung vom Besitz


Es ist dieser personale, also an-und-für-sich-freie Wille eines Menschen, der nach Hegel logisch notwendig im Eigentum mündet. Selbstbespiegelung des menschlichen Subjekts in seinem Willen und nur darin Subjekt zu sein ist der karge Inhalt, der diesen Willen ausmacht. Das gilt auch, wenn dieser Wille sich als solcher dann einem äußerlichen Gegenstand zuwendet, und ihn darüber zu sich ins Verhältnis stellt, sprich ihn zum Eigentum erhebt:

... daß Ich als freier Wille mir im Besitze gegenständlich und hiermit auch erst wirklicher Wille bin, macht ... die Bestimmung des Eigentums aus.“ (§ 45)


Besitz, welcher Eigentum ist; – die Freiheit ist hier die des abstrakten Willens überhaupt oder eben damit einer einzelnen, sich nur zu sich verhaltenden Person. (§ 40)


Gerade die begrenzte Bestimmtheit und damit die Armut dieses Willens ermächtige und bestimme ihn zum Recht auf Alles in der Welt35, so auch zur Bestimmung aller Gegenstände zu Objekten im Eigentumswillen. Hegel gilt dieser logische Grund im Willen für diese Art Haben als die substantielle Eigenart dieses Habens, als sein von diesem Haben unterschiedene Wesen desselben. Das Eigentum ist ihm Wirklichkeit von etwas, was selbst (noch) nicht Eigentum ist. Das Eigentum ist ihm einzig und allein Verwirklichung des an-und-für-sich-freien Willens, der Vollzug dieser einen, ebenfalls besonderen Art von Willen als Idee, sein Erscheinen in der Welt.


Mit dieser primären Bestimmung des Eigentums ist dieses nach Hegel grundsätzlich geschieden vom allein materiellen Haben, es ist dem konkret zugreifenden Umgang mit dem Gegenstand von seinem Gehalt her ausdrücklich enthoben. Die praktische Willensbetätigung, den Gegenstand materiell als seinen zu nehmen, zu haben und zu gebrauchen, der reine Besitz ist (noch) nicht Eigentum:


Das für sich bloß praktische Prädikat des Meinigen, welches die Sache durch das Urteil des Besitzes zunächst in der äußeren Bemächtigung erhält, hat hier die Bedeutung, daß ich meinen persönlichen Willen in sie hineinlege. Durch diese Bestimmung ist der Besitz Eigentum, der als Besitz Mittel, als Dasein der Persönlichkeit aber Zweck ist.“ (E §489)

Daß ich etwas in meiner selbst äußern Gewalt habe, macht den Besitz aus, so wie die besondere Seite, daß Ich etwas aus natürlichem Bedürfnisse, Triebe und der Willkür zu dem meinigen mache, das besondere Interesse des Besitzes ist.“ (Rph §45)


so wie die besondere Seite, daß Ich etwas aus natürlichem Bedürfnisse, Triebe und der Willkür zu dem Meinigen mache, das besondere Interesse des Besitzes ist“ (Rph §45)


Besitz stellt sich bei Hegel im Gegensatz zum Eigentum also als etwas inhaltlich völlig anderes dar. Während Besitz der Weltlichkeit eines Menschen, von seiner Bedürftigkeit bis hin zu seiner Willkür, Genüge tue, verfolge Eigentum davon getrennte Inhalte jenseits dieser Diesseitigkeit. Eigentum sei rein ideeller Selbstzweck. Auch wenn Eigentum als Mittel für materielle Interessen betrachtet und genommen werden kann und mag, seinem begrifflichen, also wahren Inhalt nach ist es nach Hegel Zweck für sich:

Eigentum zu haben, erscheint in Rücksicht auf das Bedürfnis, indem es dieses zum Ersten macht, als Mittel; die wahrhafte Stellung aber ist, daß vom Standpunkte der Freiheit aus, das Eigentum als das erste Dasein derselben, wesentlicher Zweck für sich ist.“ (Rph §45A)

Das Vernünftige des Eigentums liegt nicht in der Befriedigung der Bedürfnisse, sondern darin, daß sich die bloße Subjektivität der Persönlichkeit aufhebt.“ (Rph §41Z)

Dieser menschenferne, nach Hegel rein geistige und selbstzweckhafte begriffliche Gehalt des Habens im Eigentum ist Hegel allerdings nicht Anlass für eine kritischer Reflexion und Distanznahme zu diesem Willensinhalt, im Gegenteil.


Diese allein ideelle Art des Habens im Eigentum steht bei Hegel im Weiteren auch nicht für sich und allein. Sie gestalte sich nach Hegel vielmehr logisch notwendig aus sich heraus zu dem System des Rechts aus. Hegel weiß und bestimmt das Eigentum nur in erster Linie als ein individuelles, einzeln gewolltes Haben. Vielmehr besteht Eigentum nach Hegel in einem Haben, das zwar den Willen als Willen bekräftigt, darüber hinaus aber zugleich die Subjektivität des menschlichen Willens transzendiert. Diese seine auch weltliche Subjektivität erfährt durch das Eigentum eine Reinigung von allen menschlichen Besonderheiten und Bedürfnissen.

Gesellschaftlichkeit stellt sich damit nicht her als Tat aller menschlichen Subjekte in ihrem konkreten Wollen, sondern jenseits ihrer Absichten und Zwecke hinter ihrem Rücken als List ihres an-und-für-sich-freien Willens; aber auch vollzogen als ihnen allen objektiv gegenübertretendes, rechtliches System des gesellschaftlichen Sollens und letztlich auch Müssens.


2. Besitz als Dasein, also Verwirklichung des Eigentums


Die weitere Ausführung dessen, was Eigentum in seiner Verwirklichung ist, seine logische Entwicklung aus seiner abstrakten Begrifflichkeit hin zum realen Dasein dieses seines Begriffs gerät Hegel ambivalent und widersprüchlich36:


a.

Hegel spricht der reinen Geistigkeit und allein willentlichen Selbstbezüglichkeit des Subjekts im Eigentum, also dem reinen Begriff des Eigentums als abstraktem Verfügen eine Existenz für sich und als solches in der Welt ab. Eigentum als Begriff und Selbstzweck strebe nach Hegel zwar nach Verwirklichung. Als lediglich abstrakter Begriff von Eigentum bleibe dieser aber dennoch von seiner Verwirklichung unterschieden. Eigentum als Begriff gewinne gerade als solcher Geltung, indem er zwar sich verwirkliche, aber darin eine andere Form von Haben jenseits des abstrakten Verfügens annehme.


Für Hegel ist die Verwirklichung des rein ideellen Moments Eigentum in der Weltlichkeit zu vollziehen, und zwar über eine materielle Besitzergreifung durch den einzelnen Menschen. Eigentum bedarf nach Hegel zu seiner Verwirklichung des materiellen Besitzens, es muss letztlich Volleigentum sein oder werden, unter Einschluss des begrifflichen wie materiellen Habens, sonst sei es kein Eigentum.


Zum Eigentum als dem Dasein der Persönlichkeit, ist meine innerliche Vorstellung und Wille, daß etwas mein sein solle, nicht hinreichend, sondern es wird dazu die Besitzergreifung erfordert.“ (Rph §51)


Das Eigentum ist daher wesentlich freies, volles Eigentum“ (Rph §62)


Diese Besitzergreifung berührt nach Hegel nicht das Eigentum in dem, was es in seinem abstrakten Begriff ausmacht. Das Eigentum in seinem rein begrifflichen Gehalt von reiner Geistigkeit und Freiheit bleibt getrennt vom Besitz bestehen und Angelegenheit der Person. Hegel folgert aus ihm aber einen notwendigen materiellen Besitzstatus, also eine andere, praktische Haltung des menschlichen Subjekts gegenüber dem Gegenstand, das getrennt davon auch Eigentümer des Gegenstands und Person ist. Nur der Mensch in seiner Bedürftigkeit kann einen gebrauchenden Besitz des Gegenstands vollziehen. Die Person selbst bleibt dem Menschsein enthoben, ihr ist kein gebrauchender Besitz des Gegenstands in seinen materiellen Qualitäten möglich. Sie bleibt reines, bedürfnisloses, wenn auch unbedingtes Subjekt gegenüber dem Gegenstand als ebenfalls reines, immaterielles Objekt, darin Sache.


Hegel lässt so den materiellen Zugriff des Menschen auf den Gegenstand als Folge des Eigentums aussehen.

Hegels Votum für die Notwendigkeit des Besitzes bemüht dafür aber weder eine Qualität noch irgendeinen Mangel des Eigentums, welche über die reine abstrakte Begrifflichkeit selbst hinausweisen könnten. Aus dem selbstbezüglichen, rein ideellen Subjekt der Person lässt sich auf ein solches Vorgehen auch auf der Seite des materiellen Menschen nicht schließen. Für die Person und ihrem Eigentum(sanspruch) ist vielmehr der zugrundeliegende Mensch nicht oder höchstens in seiner unbestimmten Existenz präsent. Keinesfalls ist für die Person dieser Mensch in seiner Natürlichkeit und und materiellen Bedürftigkeit von Bedeutung.

Umgekehrt ist es einzig und allein die Bedürftigkeit des Menschen, die gegenüber den Dingen dieser Welt diesem Menschen als Menschen und nicht etwa als Person nahelegt, diesen Übergang zu tätigen, also das Eigentum in seinem abstrakten Inhalt für den materiellen Nutzen in Anschlag zu bringen. Dass hier ein anderes Prinzip, oder (gemäß Hegel) eine andere Idee, die des Lebens unvermittelt in der Beförderung eines lebensfeindlichen Prinzips münden soll, mag schon überraschen. Dass umgekehrt das Prinzip der Freiheit die Idee des Lebens in eine Nachrangigkeit verweist, ist nicht nachzuvollziehen.


Es wird von Hegel mithin keine logische Notwendigkeit für den Besitz aus dem Eigentumswillen selbst gezeigt. Er führt alledings mit dem lebendigen Menschen ein anderes treibendes Prinzip ein, dem er aber gar keinen systematischen Stellenwert einräumt, und schon gar nicht eine logisch vorantreibende Qualität.

Insofern ist Hegels logische Folgerung des Besitzes aus dem Eigentum abzulehnen.





b.

Den Gebrauch des vom Menschen besessenen Gegenstands stellt sich Hegel allein als materiellen Stoffwechsel mit ihm vor:


Der Gebrauch ist diese Realisierung meiner Bedürfnisse durch die Veränderung, Vernichtung, Verzehrung der Sache…“ (Rph §59)37


Ein Dasein für den Menschen und ein materieller Gebrauch und eine Nutzung des Eigentums an dem Gegenstand als Eigentum, wie er beim Verleih des Gegenstandes vorliegt und vom konkreten Menschen ebenfalls um seines Wohles willen betrieben werden kann, ist bei Hegel nicht systematisch bedacht. Entsprechend kommt bei Hegel nicht vor, dass der Willensakt des Verleihs für den Menschen, der auch Eigentümer ist, gerade in einem Nicht-Besitz, also einem reinen Eigentumsstatus resultiert. Ebenso wenig ist im Vorstellungshorizont von Hegel, dass der Besitz des anleihenden Subjekts ihm nicht nur als materieller Zugriff, sondern auch als ein rechtlicher Status zukommen muss, da ihm von der Eigentumsperson dieser Besitz gewährt ist. Besitz rangiert bei Hegel an dieser Stelle (im Gegensatz zum tatsächlichen Recht) überhaupt nicht als rechtliche Kategorie, schon gar nicht als Willensbezug zweier Rechtssubjekte aufeinander und mit Bezug auf den Gegenstand als Sache.

Eine Wirklichkeit und einen Gebrauch des abstrakten Eigentums als solches durch den Menschen gegenüber anderen Menschen kennt Hegel nicht, weil er sich auf die Bestimmung der Selbstzweckhaftigkeit des Eigentums allein als Ausgangspunkt und in seinem ideellen Trieb der Einzelperson festgelegt hat.


c.

Man mag Hegel allerdings zugestehen, dass es die Koinzidenz von Eigentum und Besitz tatsächlich gibt, ähnlich wie auch die von Person und Mensch, auch wenn diese ihre jeweilige Differenz nicht aufhebt, sondern bekräftigt. Dass diese Koinzidenz nicht selbstverständlich ist, gesteht Hegel außerdem insofern ein, als er nicht jedem Willen in seiner Eigenschaft als Willen die Leistung zuordnet auch an-und-für-sich-freier Wille und Wille zum Eigentum zu sein, wie auch seine Feststellung, dass viele historische und zeitgenössische Gesellschaften diese Idee des an-und-für-sich-freien Willens und das Eigentum nie gepflegt haben38. Dass in solchen Situationen der Koinzidenz von Eigentum und Besitz allerdings weder ein Eigentumsverhältnis noch ein Personsein Sinn macht, verdeutlicht der Einwand der Robinsonade. Der Verweis, dass es sich bei Eigentum doch um eine gesellschaftliche Kategorie handeln muss, liegt nahe und wird üblicherweise formuliert. Die Gesellschaftlichkeit, die man da identifizieren und üblicherweise für das Eigentumsverhältnis verantwortlich machen möchte, sollte aber nicht anstelle des Eigentumswillens gesetzt werden39, sondern sollte ihn als diesen Eigentumswillen begründend erklären.


Hegels Gesamtkonzeption des Rechts gründet auf reiner Geistigkeit, speziell des Willens als wesentliches Moment, dessen materielle Erscheinung in der Gesellschaft eine andere Form annehmen muss. Die Gesellschaftlichkeit der Menschen selbst thematisiert Hegel erst nachdem das begriffliche Eigentum einen verwirklichten Abschluss im daseienden Besitz gefunden hat. Erst im menschlichen Umgang mit besessenen Gegenständen kommt es nach Hegel zu rechtlichen Berührungspunkten der Personen. Wegen ihres zugleich bestehenden gegenständlichen wie auch Eigentums-Status bedürfen Tauschhandlungen mit Übertragung von Gegenständen nach Hegel der vertraglichen Vereinbarung unter Eigentümern, sprich Personen.


d.

Hegel kennt Besitz und Gebrauch von Dingen auch vor und neben ihrem Eigentumsstatus.

Die (allein historische) Vorausgesetztheit des Besitzes lässt Hegel aber für ein daraus erwachsendes und so es erklärendes Eigentumsverhältnis nicht gelten. Es würde das logische Primat des Willens wie die daraus resultierende Abfolge, auf die es ihm ankommt, konterkarieren. Besitz gilt ihm allein als Auswuchs des Eigentums. Weder ein vorfindlich tatsächliches Haben noch das Haben der feudalen Tradition genügt ihm für die inhaltliche Bestimmung des Eigentums. Den Willen aus derartigen Verfügungsverhältnissen spricht er nicht nur die Bestimmung des Eigentums ab, auch die Kreation von Rechtlichkeit aus ihnen kommt für Hegel nicht infrage40.


Allerdings leistet sich Hegel einen historisierenden Widerspruch zu seiner rein logischen Entwicklung des Eigentums allein aus dem Willen:


Daß die Sache dem in der Zeit zufällig Ersten, der sie in Besitz nimmt, angehört, ist, weil ein Zweiter nicht in Besitz nehmen kann, was bereits Eigentum eines anderen ist, eine sich unmittelbar verstehende, überflüssige Bestimmung.“ (Rph §50)



e.

Auch wenn er sich das Eigentum kategorial verwirklicht nur als Volleigentum unter Einschluss des Besitzes vorstellen mag, die Tatsächlichkeit des Eigentums stellt sich auch für Hegel so dar, dass diese Vervollständigung des nur begrifflichen Eigentums zum „vollen Eigentum“, also einschließlich des Besitzes gar nicht immer erfüllt sein muss, wie er es in seinen vorhergehenden Ausführungen für notwendig erachtet.

Hegel kennt zwar alle vertraglich initiierte und vollzogene Veräußerung nur als Weggabe von Eigentum und Gegenstand, also als Durchführung von entweder Schenkung oder Tausch (und zusätzlich Verpfändung, §80C). Auch eine Vermietung gegen Entgelt gilt ihm als eine Variante von Tausch. Er nimmt aber zur Kenntnis, dass eine zeitweise Veräußerung des Gebrauchs an andere Subjekte und ein Rückzug auf nur das abstrakte, also rein begriffliche Verfügen das Eigentum dennoch nicht auflöst, sondern bestehen lässt:


Nur ein teilweiser oder temporärer Gebrauch sowie ein teilweiser oder temporärer Besitz (als die selbst teilweise und temporäre Möglichkeit, die Sache zu gebrauchen), der mir zusteht, ist daher vom Eigentume der Sache selbst unterschieden.“ (Rph §62)


In der weiteren Entwicklung der Verwirklichung des Eigentums, im Abschnitt über die „Einteilung der Verträge“ (§80), sowohl beim „Leihen einer Sache“ ohne Entgelt (unter „A) Schenkungsvertrag“) als auch im Verleih gegen Entgelt (unter „B) Tauschvertrag) kommt er ebenfalls auf ein Fortbestehen des Eigentumsverhältnisses trotz des materiellen Besitzes und Gebrauchs in anderer Hand zu sprechen:


2) Vermietung (…), Veräußerung des temporären Gebrauchs eines Eigentums gegen Mietzins“… so daß der Verleiher nur Eigentümer dieser (Sache) ... bleibt, – Anleihe.“

(Rph § 80)41


Hegel ist offensichtlich auch geläufig, dass im „Lohnvertrag“ (ebenfalls §80, als Teil von “B)Tauschvertrag“ mit Verweis auf §67) Eigentum und Gebrauch des Gegenstandes Mensch auseinanderfallen können.


3) Lohnvertrag (locatio operae), Veräußerung meines Produzierens oder Dienstleistens, insofern es nämlich veräußerlich ist, auf eine beschränkte Zeit oder nach sonst einer Beschränkung (s.§67)“ (Rph §80)


Allerdings fasst er als Vertragsgegenstand nicht den Menschen, sondern wie nach ihm Marx die Arbeitsfähigkeit, als Kraft, die Möglichkeit zur Arbeit:


von meinen besondern, körperlichen und geistigen Geschicklichkeiten und Möglichkeiten der Tätigkeit kann ich einzelne Produktionen und einen in der Zeit beschränkten Gebrauch… veräußern, weil sie nach dieser Beschränkung ein äußerliches Verhältnis zu meiner Totalität und Allgemeinheit erhalten.“ (Rph §67)



f.

An dieser Stelle des Verleihs betont Hegel in seiner Systematik, dass allein mit der Beschränkung der Veräußerung das Allgemeine der Persönlichkeit als personaler Wille, und so auch das Eigentum selbst nicht betroffen ist. Einen andere kategoriale Architektur und etwa einen logischen Springpunkt zu anderen Kategorien verortet er darin nicht.

Es fällt hier noch auf, dass Hegel für den an-und-für-sich-freien Willen den notwendigen Schritt zur Konkretion im einzelnen Menschen befürwortet, diesen dadurch zur Person erhebend. Für das Eigentum bedenkt Hegel kein Dasein als dieses Abstraktum, sondern kann sich seine Verwirklichung nur als materiellen Zugriff eines Menschen vorstellen.


Dass in den Verleihakten mit seiner Auflösung des vollen, den Besitz einschließenden Eigentums und der Scheidung eines Nur-Eigentums vom materiellen Gebrauch, und in ihnen das Eigentum als abstraktes Haben gerade seine konkrete Wirklichkeit getrennt vom materiellen Besitz gewinnt, nimmt Hegel nicht wahr. Dass dieses reine Eigentum beim Verleih ebenfalls eine, eben besondere Art von Gebrauch des Gegenstandes durch den Menschen darstellt, zieht er nicht in Erwägung.



3. Zur Bezugnahme anderer menschlicher Subjekte auf das ihnen fremde Eigentum


Entgegen seinem logisch hermetischen Anspruch, dass Eigentum allein Besitz begründen kann, scheint Besitz sich für Hegel dennoch nur eingeschränkt aus dem ideellen Eigentum allein zu ergeben. Er meint nämlich in der Hinleitung zur „Besitznahme“ in §53 ein ergänzendes Argument für das Eigentumsverhältnis liefern zu müssen. Dieses enthält aber kein logisches Moment des primären Eigentumswillens selbst mehr, sondern schöpft aus der historisch vorliegenden Existenz von anderen Subjekten und deren Geistigkeit, bzw. zunächst nur der Wahrnehmung von Besitz oder Eigentum als eben solche. Diese anderen Subjekte ergeben sich weder aus dem Eigentumssubjekt noch aus dem Eigentumsverhältnis selbst, das für Hegel eben bis dahin nur zwischen Person und Sache stattfindet. Hegel führt hier die (nicht logisch, sondern historisch notwendige) Tatsächlichkeit anderer menschlicher Subjekte ein, die dem Eigentümer als Eigentümer sich gebenden oder gegenüberstehenden Nicht-Eigentümer. Es gilt für Hegel bzgl. der Wirklichkeit des Eigentums neben dem Willensakt der Person zusätzlich die Notwendigkeit seiner „Erkennbarkeit für andere“ (§51):


Daß die Person ihren Willen in eine Sache legt, ist erst der Begriff des Eigentums, und das Weitere ist eben die Realisation desselben. Mein innerer Willensaktus, welcher sagt, daß etwas mein sei, muß auch für andere erkennbar werden.“ (Rph §51Z)

Besitzergreifung ist nach Hegel im Gegensatz zum inneren Geistesakt des nur begrifflichen Eigentums wie auch zum materiellen Haben-Wollen des einzelnen menschlichen Subjekts im Besitz ein äußerlicher Akt des einzelnen Menschen gegenüber anderen Subjekten, eine gesellschaftliche Tat. Hegel folgert mithin aus dem primär rein willentlichen Haben, dem Willensverhältnis zum Gegenstand, weitere Willensmomente. Diese Folgerungen greifen sowohl über den bestimmten Gegenstand als Objekt des Eigentumswillens als auch über die Selbstbespiegelung der Person im Eigentumswillen hinaus.


Es geht um andere Willen und andere Subjekte, die sich auf den jeweiligen Gegenstand als Gegenstand, und gerade nicht als (ihr) sachliches Eigentum beziehen (sollen), sondern als Nicht-Eigentum. Und auf den Eigentümer des Objekts beziehen diese anderen Willen sich nicht in seinem Menschsein, sondern als den Eigentümer des Gegenstandes.


Die Willensmomente des Eigentümers sind hier nicht deckungsgleich mit dem primären begrifflichen Willen, sie haben ausdrücklich einen anderen Inhalt. Der erste logisch aus dem Eigentumswillen von Hegel gefolgerte Wille, das materielle Haben-Wollen des Gegenstandes, ist als Besitz oben schon abgehandelt, und in seiner Folgerungslogik infrage gestellt.


Der nun zweite gefolgerte Willensinhalt besteht im Deutlichmachen des Eigentumswillens gegenüber anderen Willen, dass der Gegenstand einem Eigentumswillen unterworfen ist, ob er nun (schon) besessen wird oder nicht. Dieses Kenntlichmachen des im Gegenstand vorliegenden Eigentumswillen ist aber weder am Gegenstand noch mit dem abstrakten Willen zu leisten. Der Eigentumswille findet nämlich gegenüber dem Gegenstand als seine Sache nur selbstbezogen innerhalb der Person statt. Das tatsächliche Besitzen kann das Vorliegen des Eigentumswillens aber auch nur bedingt gewährleisten, sonst wäre das im (auch nur überkommenen) Besitz schon geleistet, und es müsste Eigentum immer und von vornherein mit Besitz in eins fallen. Die verbale Mitteilung wäre ein weiteres Mittel zur Kenntlichmachung eines Eigentumsverhältnisses, das aber materiell noch weniger kenntlich und durchsetzungsfähig wäre als der materiell zugreifende Besitz.


Das Verhältnis, das zwischen dem Eigentumswillen und den mit ihm konfrontierten anderen Subjekten auftritt, kann verschiedene Gestalt annehmen:


a.

Diese anderen Willen von ebenfalls einzelnen Menschen könnten zum einen wie der erste Wille ebenfalls nach Hegel an-und-für-sich freie Willen sein, die sich auf den selben Gegenstand als Eigentum beziehen wollen, und in eben demselben Gegenstand sich als Personen zu verwirklichen streben. Da sie auch nichts als Wille zum Eigentum sind, sind sie einander nicht nur gleich im Sinne von doch verschieden. Als derartig identisch mit dem ersten Willen könnten sie durchaus gemeinsame Willen sein, die sich im Gegenstand als gemeinsam ihrem manifestieren, und ihn so zusammen verwirklichen. Warum ein Ausschluss dieser ebenfalls nur ideeller Willen notwendig sein soll, ist bei Hegel aus dem reinen, nur begrifflichen, also allgemeinen Willensmoment heraus nicht ersichtlich.


Einander auszuschließen ist allerdings eine mögliche Variante, die diesen Willen ebenfalls offen steht. Aber selbst wenn sich diese Willen gegenseitig ausschließen würden, müsste das nicht von praktischer Bedeutung sein, da sie beide eben nur selbstbezüglich sich dem Gegenstand widmen.


b.

Anders verhält es sich, wenn es den anderen Willen darum ginge, gegenüber dem Eigentumswillen den Gegenstand materiell zu haben, als Menschen mit ihm umzugehen, also in Hegels Sinne nichtfreie Willen, denen es nur um nichtrechtlichen Besitz und materiellen Gebrauch geht. Soweit der erste, begriffliche Wille weiter nur rein ideell verfährt und darin verbleibt, kann ihn der andere konkret zugreifende Wille zum Gebrauch des Gegenstands gar nicht anfechten, er könnte ihn einfach gewähren lassen – oder auch nicht. Dennoch hält Hegel das Auftreten beider Willen für unvereinbar mit dem Begriff des Eigentums:


Wenn der ganze Umfang des Gebrauchs mein wäre, das abstrakte Eigentum aber eines andern sein sollte, so wäre die Sache als die meinige von meinem Willen durchdrungen und zugleich darin ein für mich undurchdringliches, der und zwar leere Wille eines anderen – … – das Verhältnis eines absoluten Widerspruchs.“ (Rph §62)


Dass im Fall des Verleihs zumindest der ganze materielle Gebrauch dem Leihnehmer zusteht, und dennoch gerade ein Eigentumsverhältnis als abstraktes sich rein und als einziger Vorbehalt verwirklicht, fällt Hegel nicht auf. Dass mit dem Eigentum für den Menschen, der Eigentümer ist, ein anderer, auch materiell orientierter Gebrauch des Gegenstandes als Sache vorliegt ist nicht in seinem Vorstellungshorizont.


Das ist einerseits nachvollziehbar, weil der Eigentumswille nur selbstbezogen sich auf den Gegenstand richtet und insofern unbedingt ist. Andererseits erklärt Hegel nicht, warum das dem Eigentumswillen nicht dennoch möglich sein soll und kann. Denn sowohl im Schenkungsvertrag als „Leihen einer Sache“ als auch im Tauschvertrag als „Vermietung … gegen Mietzins“ führt er diese Möglichkeit an, allerdings erst als zusätzlichen, den schon Geltung gewonnenen reinen Eigentumswillen ausführenden Willensakt.


Wenn der Eigentumswille allerdings als ebenfalls Besitz sich gibt, und sei es nur als Durchgangsform (um etwa im Verleih sich auf das reine Eigentum zurückzuziehen), dann ist der Gebrauch auch durch andere Menschen schon physisch möglicherweise nicht, oder zumindest nicht gleichzeitig möglich. Das hängt ganz ab von der Art des materiellen Zugriffs auf den Gegenstand. Ein Stuhl kann nicht von zwei Leuten gleichzeitig besessen, eine Pizza könnte immerhin geteilt, eine Parklandschaft sogar gemeinsam genossen werden.


c.

Allerdings gilt noch weiter zu bedenken: Es ist gar nicht klar, ob der von Hegel bis dahin entwickelte abstrakte Eigentumswillen, der ja nur im Bezug auf den Gegenstand als Selbstbespiegelung dieses Willens besteht, sich an dieser Stelle seiner Systematik überhaupt auf andere Willen beziehen kann.

Hegels selbst führt in seiner logischen Entwicklung aus dem Eigentum einen Bezug auf andere Willen erst im Vertrag aus, also nach schon, auch materiell vollzogenem und abgeschlossenen Eigentumsbezug auf den Gegenstand:


Die Person, sich von sich unterscheidend, verhält sich zu einer anderen Person, und zwar haben beide nur als Eigentümer füreinander Dasein.“ (Rph §40)


Das bedeutet aber, dass auch die von Hegel gerade gefolgerte Kennzeichnung des Eigentumswillens gegenüber andere Willen aus dem abstrakten Verfügungswillen selbst, zumindest an der von Hegel angeführten Stelle nicht zu erschließen ist.


d. Zur Notwendigkeit der Anerkennung des Eigentums durch andere Personen

Hegels Unzufriedenheit mit dem allein einzelnen Willensbezug als Wirklichkeit des Eigentums bleibt bei der Abgrenzung gegen andere Subjekte und der Verdeutlichung des Eigentumswillens ihnen gegenüber nicht stehen. Hegel besteht auf eine weitertreibende Notwendigkeit aus diesem rein ideellen Bezug auf den Gegenstand, auf die ideelle Anerkennung des Eigentumswillens durch andere Subjekte:


Das Dasein ist als bestimmtes Sein wesentlich Sein für anderes.(…); das Eigentum nach der Seite, daß es ein Dasein als äußerliche Sache ist, ist für andere Äußerlichkeiten und im Zusammenhange dieser Notwendigkeit und Zufälligkeit. Aber als Dasein des Willens ist es als für anderes nur für den Willen einer anderen Person.“ (Rph §71, Übergang vom Eigentum zum Vertrag)


Der Vertrag setzt voraus, daß die darein Tretenden sich als Personen und Eigentümer anerkennen… (Rph §71A)


Die begriffliche Fassung des grundlegenden Eigentums hatte Hegel als rein ideellen Akt zumindest in ihrem Prinzip angelegt, als Selbstzweck der Person, worin diese vollständig bei sich selbst bleibt, im Gegenstand sich nur selbst bespiegelt. Handfest und für den Menschen greifbar und nützlich werde nach Hegel dieses Eigentum nur bedingt im nur individuellen materiellen Besitz.

Gesellschaftlichen Inhalt und Wirklichkeit gewinne dieses ideelle Konstrukt nach Hegel (in Rph §71) erst in seiner Bekräftigung durch andere Personen.

Dass ein Mensch in der Fülle seines Lebens und Wollens ein Eigentum als fremden Willen erkennt und anerkennt, wie auch akzeptiert, mag noch einleuchten. Ist ihm doch in seiner Sinnlichkeit wie Geistigkeit die Wahrnehmung eines Besitzes oder eines anders verdeutlichten Anspruchs auf Eigentum möglich.

Dass ein Eigentümer seinen Willen einer Anerkennung durch andere gleichartige Willen zuführen will, ist weniger schlüssig: Der Eigentümer sei und kenne nach Hegel nicht anderes außer sich selbst und seine Verwirklichung im Eigentum. Dass ein Eigentumswille aus seiner Selbstbezogenheit heraustritt und als dieser Wille sich auf andere, etwa auch ihm gleiche Willen und ihre jeweiligen Willensgegenstände überhaupt nur bezieht, ist aus ihm in keinem Fall zu erschließen.

Aber auch der Willensakt von Personen, die in der fraglichen Sache Nicht-Eigentümer sind, leuchtet aus ihnen heraus nicht ein: Zu einem Anerkennungsakt mag ein natürlicher Wille imstande sein, aber auf keinen Fall so ein nur selbstbezogener personaler Willen.



e. Beziehung von Willen aufeinander als Grundlage von Freiheit und Eigentum?


Darüber hinaus fällt bei Hegels Darlegung noch etwas anderes ins Auge. Er deutet in diesen gesellschaftlichen Willen eine Begründung des Inhalts Freiheit an, die zu seiner logischen Entwicklung vom Willen her gegenläufig ist:

Diese Beziehung von Willen auf Willen ist der eigentümliche und wahrhafte Boden, in welchem die Freiheit Dasein hat.“ (Rph §71, Übergang vom Eigentum zum Vertrag)


Dieser „eigentümliche und wahrhafte Boden“, den Hegel hier überraschend für die Freiheit von Person und Eigentum ausmacht, mündet ihm nirgends in den Versuch, diesen Boden als einen Grund für das Eigentum zu fassen und logisch zu entwickeln. Es bleibt systematisch für ihn dabei, dass dieser „Boden“ nur so etwas ist wie ein Erdreich, in das die Freiheit der Person und des Eigentums als Begriff und abstraktes Prinzip sich einpflanzt und dort Wurzeln schlägt.


4. ein anderes Prinzip als Movens zur gesellschaftlichen Beziehung der Eigentümer aufeinander


Soweit Eigentümer sich gemäß ihrem Begriff willentlich nur auf ihren Gegenstand beziehen, können sie (auch nach Hegel) keinerlei Beziehung aufeinander haben. Sie sind als Personen auch in ihrer Wirklichkeit als Eigentümer nur vereinzelte Allgemeinheit desselben. Eine Pluralität in dieser ihrer Allgemeinheit mag tatsächlich vorkommen, existiert aber nicht für sie als Person in ihrer logisch erstrangigen Stellung. Ein derartig selbstbezüglicher Eigentümer kennt überhaupt keine anderen Subjekte, weder andere Menschen noch andere Personen. Selbst in den Gegenständen, denen er sich als Sache zuwendet, findet er nur sich selbst. Er bezieht sich beanspruchend potentiell auf jeden Gegenstand als seinem. Zugleich hat er nach Hegel auf keinen Fall einen Bezug auf Gegenstände, die fremde Sachen sind.

Als dieser Eigentümer mit diesem seinem Eigentum ergibt sich ihm auch keine Not, diese selbstbezogene Isolation zu verlassen. Sich willentlich anderen Willen zu stellen und sich mit ihnen ins Benehmen zu setzen über ihre jeweiligen Gegenstände ist nichts was Eigentümer aus sich heraus etwas angeht.


Dennoch befürwortet und behandelt Hegel die weitere Verwirklichung des Eigentums in einer Abmachung zwischen zwei Eigentumssubjekten, im Vertrag. Er kennt ein dahin treibendes Moment, wenn es auch nicht das Eigentum selbst sein kann. Er identifiziert neben der Vernunft zur Freiheit im Willen zum Eigentum noch eine andere Vernunft des Menschen, die ihm die gesellschaftlich den Impetus, Verträge einzugehen, nahelegt:

Es ist durch die Vernunft ebenso notwendig, daß die Menschen in Vertragsverhältnisse eingehen – schenken, tauschen, handeln usf. – , als daß sie Eigentum besitzen.“ (Rph §71A)


Die Bedürfnisse allein und für sich, und ihre gegenseitige Befriedigung können nach Hegel aber nicht in gesellschaftlich gültigen Abmachungen münden. Sie taugen für eine Initiation, aber nicht für die Vernunft von Verträgen. Lebensbedürfnisse müssen in Eigentumsverhältnissen schon zu reinen Willensakten gedeihen:


Wenn für ihr/ Bewußtsein das Bedürfnis überhaupt, das Wohlwollen, der Nutzen usf. es ist, was sie zu Verträgen führt, so ist es an sich die Vernunft, nämlich die Idee des reellen (d.i. nur im Willen vorhandenen) Daseins der freien Persönlichkeit.“ (Rph §71A)


Damit setzt Hegel, wie von seinem Ausgangspunkt zu erwarten, beim Übergang zum gesellschaftlichen und rechtlichen Dasein dennoch das Prinzip der Freiheit über das Prinzip des Lebens. Auch wenn er als Movens hin zu gesellschaftlichen Verträgen nicht die Freiheit, sondern die Bedürftigkeit der Menschen bemüht.

Wie umgekehrt ein Mensch als Naturereignis und darin bedürftiger, und nicht primär Eigentümer dazu übergehen mag, ein Eigentumsdasein zum Mittel zu machen, wo dieses von Hegel doch als selbstherrlicher Zweck identifiziert ist, diese Erklärung bleibt Hegel schuldig. Er bemüht dafür nur eine Analogie zwischen den beiden – unvereinbaren – menschlichen Subjekten, einer nicht näher bestimmten, aber sie leitenden Vernunft folgend.




5. Verwirklichung des Eigentums in seiner Auflösung und Verewigung


Obwohl Hegel die jeweils einzelnen Eigentümer als in sich selbstzufrieden bestimmt, vollzieht sich die weitere Verwirklichung ihres jeweiligen Eigentums über den Vertrag ausgerechnet in seiner Negation, in seiner Auflösung als dieses bestimmte einzelne Eigentumsverhältnis. Das primäre wie unbedingte Willensverhältnis zu dem Gegenstand als abstrakt seine Sache wird im Vertrag zugunsten anderer Subjekte der Gesellschaft aufgegeben. Allerdings erhält es sich als Eigentumverhältnis, zum einen gegenüber dem bestimmten Gegenstand in der jeweils anderen Person, zum anderen im neu geschaffenen Eigentumswillen zum ertauschten Gegenstand. Das erscheint insofern konsequent, als das Eigentumsverhältnis zwar absolut und bedingungslos bestimmt war, aber gegenüber dem jeweiligen Gegenstand in der Form als Sache auch gleichgültig.

Den Verleih, als die andere mögliche, ebenfalls gesellschaftliche Erhaltung des Eigentümerstatus, die das Eigentumsverhältnis in seiner abstrakten Reinheit sogar zu dem selben Gegenstand erhält und bekräftigt, bedenkt Hegel auch hier nicht, obwohl das auf der Ebene des Vertrags ebenfalls möglich wäre.



6. Fazit


Kommen wir aufgrund dieser Überlegungen zu einer Beurteilung von Hegels Darlegung des Eigentums, kann ihm bzgl. des abstrakt selbstbezüglichen Willensakts des Eigentums selbst, was es ist, einerseits eine Klarsichtigkeit bescheinigt werden: Es ist für sich stehender Zweck. Andererseits ist ihm diese leere Selbstzweckhaftigkeit in ihrem verrückten Gehalt nicht fragwürdig und Anlass zur Beschreitung anderer erklärender Wege.


Hegel findet und feiert an der bürgerlich-rechtlichen Art privaten Verfügens über Dinge eine Geistigkeit, die seine Materialität nachrangig macht und nach seiner Beurteilung und logischen Einordnung aufhebt in seiner erstrangigen Idealität.

Nach seinen frühen Schriften mag die traditionelle (Volks)Religion am „festen Haben von Dingen“42 scheitern. Er beurteilt das Eigentum da allerdings in seiner materiell verfügenden Form, als untauglich nicht etwa für die Menschen, sondern für einen religiösen Zusammenhalt der Gesellschaft. Im rechtlichen Haben formuliert Hegel dann eine neue lebendige Vereinigung mit dem Unendlichen43. Hegel meint darin ein „vernünftiges“ Prinzip formuliert zu haben, das zwar das Opfer der Relativierung des unmittelbaren materiellen, des gebrauchenden Habens beinhaltet, das dann aber in seiner sittlichen Durchführung alle Qualitäten einer Volksreligion gewinnen kann44.


Inhaltlich anzulasten ist Hegel in seiner Darlegung zum einen das Fehlen der logischen Notwendigkeit für eine Verwirklichung des Eigentums allein im Besitz, zum anderen auch ein empirischer Fehler. Er bestreitet dem Eigentum in seiner Abstraktheit eine Wirklichkeit in und für sich, obwohl er diese Existenzweise des Eigentums im Verleihvertrag sogar anführt.

Auch die hegelsche Konkretisierung des rein begrifflich abstrakten Eigentums zum einen in seinem Kenntlichmachen gegenüber anderen menschlichen Subjekten, sowie darüber hinaus seine Anerkennung durch (zumindest) einen anderen Eigentümer überzeugt nicht als logische Konsequenz aus dem primären Eigentum der selbstbezogenen Person. Die Person ist auch gegenüber dem Gegenstand, den sie zu sich ins Eigentumsverhältnis setzt, nur auf sich selbst bezogen gefasst und kann deshalb (noch) gar keine anderen Eigentümer und kein anderes Eigentum kennen und anerkennen.

Die „wahre“ Verwirklichung des Eigentums in seiner Negation, sprich Entäußerung als Verewigung desselben zu befinden, bekräftigt die leere Selbstzweckhaftigkeit des Eigentums. Dem Eigentum ist der Schritt zu seiner Negation allerdings auch nach Hegel nicht als seine innere Entwicklung zu entnehmen, sondern kann nur über einen ihm äußeren Anschub sich entwickeln.

Zur Realisierung von Eigentum im Besitz, im Anerkanntsein und im Austausch kommt Hegel damit nicht ohne die Hereinnahme des Menschen mit seiner natürlichen Bedürftigkeit aus, weist dieser Kategorie aber nur eine Nachrangigkeit in ihrer systematischen Bedeutung zu.




V. Summarische Beurteilung von Hegels Entwicklung des abstrakten Rechtsbegriffs


1. Vom Begriff des Willens zum Selbstzweck der Freiheit


Hegels gesamte wissenschaftliche Anstrengung kreist um die Entfaltung des Geistes, und wie diese den Menschen zum Subjekt in der Welt erhebt, ihm so Freiheit in der Welt verschafft. Er erhebt dieses Streben nach Freiheit mittels seiner Geistigkeit sogar zur Bestimmung des Menschen, seinen ihm inhärenten Zweck. Auch der Entwicklung des nicht nur theoretisch, sondern praktisch tätigen Geistes, des Willens als bestimmte Form des Geistes entnimmt Hegel zunächst die tätige Befreiung gegen die Welt, das tatsächliche Subjektsein des Menschen gegenüber allen möglichen Objekten dieser Welt, auch in Bezug auf die anderen menschlichen Subjekte.


Mit dem Begriff der Freiheit beansprucht Hegel aber mehr als nur die begriffliche Logik des Sachverhalts Willen. Der Wille wird hier von Hegel nicht nur wissenschaftlich und damit in seiner allgemeinen Bestimmung dargestellt.

Der Wille an sich würde sich im Vollzug des von ihm gefassten Inhalts erschöpfen, hätte darin seine ganze Wirklichkeit. Bei einem derartigen Willen an sich meint Hegel eine Beschränkung in sich selbst zu erkennen. So sei in den nur endlichen Willensinhalten dem dem Willen inhärenten Zweck Freiheit nicht hinreichend Genüge getan.

Für Hegel mündet die konsequente Verfolgung der Freiheit im Willen darin, dass diese Freiheit nicht in einem dem Willen gegenüberstehenden anderen bestimmten Inhalt, sondern als Selbstzweck zu verfolgen sei. Darin bestehe die wahre Befreiung des Willens, in der Hinwendung zu sich selbst, zu seiner Innerlichkeit, die sich damit zu seiner unbestimmten Unendlichkeit weite. Hegel verleiht dem Willen, der an sich schon frei ist und sich auch als frei will, mit seiner absoluten Bestimmung zu sich selbst eine mythische Überhöhung.45

Dieser an-und-für-sich-freie Wille sei dann nach Hegel aber nur der abstrakte Begriff dieser Freiheit. Dieser Begriff erlange in seinem Vollzug als Idee Wirklichkeit, in einer Wirklichkeit getrennt von sich als Begriff46.


Dieser Überhöhung des Willens zum zu sich selbst befreiten Willen löst diesen von Einsicht und Wollen des menschlichen Subjekts. Dieser übermenschliche Wille gerät damit zum unmenschlichen Willen, bilde sich nach Hegel aus als zweite Natur, wenn auch eine des Menschen.



2. Fehlerhafte Schlussfolgerungen Hegels


Die folgernden Schritte Hegels vom Willen zu den Grundkategorien des Rechts zeigen sich als logisch nicht schlüssig:


Schon die Wendung des Willens zum Selbstbezug auf sich als an-und-für-sich-freier Wille ist zwar möglich, ist aber nicht zwingend aus seinen An-sich-Bestimmungen zu erschließen.

Auch die Emanation dieses an-und-für-sich-freier Wille in den Menschen, sein Person-Sein, ist keine Folgerung zu einer neuen qualitativen Bestimmung dieses Willens, sondern lediglich der Übergang des behaupteten allgemeinen Inhalts eines solchen Willens in die Geistigkeit eines einzelnen Menschen. Das beinhaltet auch nur eine Möglichkeitsbestimmung.

Dass dieser Selbstbezug eines Menschen auf sich als an-und-für-sich-freier Wille, also Person nicht selbstgenügsam bleiben könne, ist ebenfalls nur eine Behauptung Hegels. Dass er als diese Person sich sogar auf alles beziehe, was er nicht selbst ist, ist von Hegel ebenfalls nicht positiv aus diesem Personsein entwickelt. Dass diese Person im Eigentum gar alle äußerlichen Dinge auf sich, als ihr eigen zugeordnet, beziehe, ist als notwendige Folgerung nicht zu erschließen.


Diese fehlerhaften Folgerungen Hegels resultieren letztlich aus der Setzung einer inhaltlich nur negativ bestimmten Ausgangskategorie: Der an-und-für-sich-freie Wille ist nichts als die Negation der Gesamtheit der subjektiven menschlichen Lebendigkeit47. Mit der Erhebung dieses allein negativen Inhalts zum positiven Prinzip des Rechts wird dieses Recht von Hegel zwar illusionsfrei und schonungslos dargestellt. Das Verdikt der Entsubjektivierung durch die Freiheit eines an-und-für-sich-freien Willens kann man Hegels eigener Begriffsentwicklung des Willens zum Recht durchaus entnehmen. Dennoch ist ein Verständnis von Freiheit und Recht im Sinne eines positiv bestimmten substanziellen Grundes dafür durch Hegels systematische Entwicklung gerade hintertrieben. Mit dem Recht als Auswuchs des menschlichen Willens identifiziert Hegel ausdrücklich keinen positiven dem Menschen äußerlichen oder gar feindlichen Grund für das Recht, den dieser überwinden könnte.


3. Hegels Erfassung und Darstellung grundlegender Rechtskategorien


Trotz dieser Fehler in seinen Folgerungsschritten, ausgehend vom Willen, münden Hegels Überlegungen in kategorialen Bestimmungen des Rechts, die es tatsächlich essentiell prägen:

Die Person erfasst Hegel als ein inhaltlich reduziertes, punkthaftes Subjekt, das sich nur auf sich selbst bezieht.

Im Eigentum erkennt er einen selbstzweckhaften Willensakt jenseits menschlicher Intentionen und Interessen gegenüber der Welt und anderen Subjekten.

Der Umgang von Rechtspersonen mit- und gegeneinander findet über Gegenstände statt, die sie als Personen in ihrem Eigentumsverhältnis haben.

Damit zeichnet er sehr präzise die Subjekte, ihren Bezug auf die Dinge dieser Welt, und ihre eingeschränkten Beziehungen aufeinander in der bürgerlichen Gesellschaft nach.



4. Begriff der Freiheit als Empfehlung derselben


Hegels Ausführungen zum Recht sieht er als Plädoyer für die Hinnahme dieses Rechts, weil notwendiges Ergebnis der Allgemeinheit des Willens des, und damit eines jeden Menschen. Dieses Recht sei zu akzeptieren gerade nicht als dem Menschen nur äußerliche Instanz und ihm auferlegte Norm, nicht qua unmittelbarem Ausgeliefertsein diesem Recht in seiner Objektivität des Rechtsstaates gegenüber, sondern über die Einsicht in die Notwendigkeit dieser höheren Form der Freiheit des Willens48.

Von Freiheit des Menschen gegenüber dem Recht, es willentlich als seines anzunehmen oder vielleicht auch nicht, kann damit allerdings nicht mehr die Rede sein. So formuliert Hegel das Person-Sein und das Eigentum-Haben im abstrakten Recht als unumgängliche Notwendigkeit, der man sich anzubequemen habe: „Sei Person...“, „Es ist Pflicht, Eigentum zu haben…“49. Diese Aufforderung wendet sich an den seine Argumentation nachvollziehenden Rezipienten, sich diesem rechtlichen Willen in seiner Essenz und Absolutheit zu verpflichten. Adressat mag jeder denkende Mensch sein, der sich vielleicht nicht einmal bewusst positiv zum Personsein stellt, selbst wenn er eine solche im täglichen Leben schon ganz selbstverständlich ist. Die fertige selbstbewusst rechtlich agierende Person mag diese Abstraktion schon vollzogen haben, und für sich dieser Überlegungen zu ihrer Existenz gar nicht mehr bedürfen. Allerdings reflektiert Hegel, allerdings erst nachgeordnet, durchaus den unrechtlichen Willen, im Verbrechen und im Pöbel, wo der Wille sich nach Hegel gegen seine eigene Essenz auflehnt.

Hegel idealisiert Freiheit und Recht nicht in dem Sinne ihrer unmittelbaren Gleichsetzung mit Wohl und Wille des einzelnen Menschen. Vielmehr entwickelt und veranschaulicht er sie im Recht in ihrer ganzen Härte50.

Obwohl Hegel also (an)erkennt und ausführlich darlegt, dass die Abstraktion des Rechts den Menschen einiges abverlangt, etwas ihnen darüber auch verloren geht und zerstört wird, sich auch gegen sie richtet, empfiehlt er das Recht dennoch als absolut vernünftig. Er nimmt es trotz alldem als eine Institution, die dem Menschen (also nicht unbedingt dem einzelnen Menschen) adäquat ist, und ihm immerhin prinzipiell und letztlich zuträglich und nützlich51.


Eine Beurteilung des begriffenen Rechts, die Maß nimmt am Menschen in seinen Bedürfnissen und Interessen und einem darüber formulierten Willen, ist mit Hegels Fassung des Rechts als Idee der Freiheit schon übergangen und grundsätzlich ausgeschlossen.



5. Freiheit als Religion


Hegel spricht mit seinem Begriff der Person, als Abstraktion vom aber auch resultierend aus dem Willen, dem Recht eine Überhöhung über alle menschlichen Interessen und ihrer Weltlichkeit zu. Das Recht erfährt damit auch in ihrer gegen die Menschen gerichtete Tatsächlichkeit, eine absolute und unbedingte Rechtfertigung52. Recht sei nach Hegel etwas dem Endlichen des einzelnen Willens enthobenes, ein Jenseitiges, ein Dasein einer absoluten Geistigkeit. Recht sei damit selbst oder gerade auch als Konkretion derselben in der Materiatur der Staatsmacht der Religion gleichzustellen:

Das Recht ist etwas Heiliges überhaupt, …“ (Rph §30).

Nach der Verabschiedung von Christentum und Antike als Modell eines einigenden Bandes für die Menschen53, meint Hegel in der Freiheit als Selbstzweck und ihrer weltlichen Ausgestaltungen eine ganz exquisite wie unabweisbare, weil angeblich ganz aus der substanziellen Innerlichkeit des Menschen erwachsende Religion formuliert zu haben54.



6. Vernichtendes Urteil zu Freiheit und Recht


Auch wenn die Kraft dieser Idee der Freiheit bei Hegel als geistige und somit als eine von Menschen getragen bestimmt ist, hat ihre Zielrichtung nichts zu tun mit irgendwelchen Zielen eines oder der Menschen. Es ist auch nicht notwendig etwas von ihnen gewähltes. Es ist für Hegel nachrangig, ob sie neben ihren anderen Willensinhalten den Willen auch in dieser abstrakten Form, als Freiheitszweck subjektiv überhaupt pflegen und verfolgen.

Auch wenn er negativ hervorhebt, dass die Menschen früherer und geografisch anderer Verhältnisse (im Vergleich zu seiner Zeit und seiner gesellschaftlichen Welt) diesen Inhalt Freiheit für sich nicht einmal erstreben.

Allerdings behauptet er die Willensformen, mit denen die Menschen diesem Begriff der Freiheit Wirklichkeit verschaffen, dennoch als logische Konsequenz des Begriffs des Willens.


Damit ist bei Hegel in Bezug auf die Freiheit, die im Recht sich vollzieht, weder von subjektiver Freiheit noch von Willkür der Menschen die Rede. Vielmehr ist den Menschen nach Hegel die Idee als Moment in ihrem tatsächlichen Sein, als Gegebenheit aufgegeben und abgefordert:

Wenn das Wissen von der Idee, d.i. von dem Wissen der Menschen, daß ihr Wesen, Zweck und Gegenstand die Freiheit ist, spekulativ ist, so ist diese Idee selbst als solche die Wirklichkeit der Menschen, nicht die sie darum haben, sondern [die] sie sind.“ (E §482 A)

Gegen seine Intention ist Hegel damit letztlich ein vernichtendes Urteil sowohl zum Recht als auch zur Freiheit gelungen: Er bringt in seiner Rechtsphilosophie zur Anschauung, wie im Willen zur Freiheit die Freiheit des Willens als eine des Menschen aufgehoben oder in sich selbst hintertrieben wird. Diese Selbstaufgabe des Willens hält er für sowohl eine notwendige wie auch eine grundsätzliche: Er zeigt in seiner Entwicklung zum an-und-für-sich-freien Willen, wie ein Subjekt, das den Willen als Selbstzweck will, sich des Willens als seines Mittels begibt. Es ermöglicht diesem von sich als Subjekt getrennten objektivierten Willen gerade dessen Objekt zu sein. Ein Willen dieser Art stellt Hegel zwar als Befreiung vor, dieser Wille verlässt darin aber das Reich der Freiheit für den Menschen.


Für diese Freiheit, also des Willens abstrahiert vom menschlichen Willen, ergibt sich damit von vornherein seine Verewigung als Idee gegen die Menschen. Denn der Wille, an-und-für-sich zu sein, ist und bleibt gegen die Diesseitigkeit und deshalb gegen die Widerspenstigkeit des auch anderweitig sich bildenden Willens gesetzt55. Es zeigen gerade Hegels Bemühungen, die Menschen in einer Sittlichkeit mit der Person des abstrakten Rechts zu versöhnen, dass das nicht ohne Rest gelingen kann. In der Existenz von Unrecht, Armut und dem Pöbel, der sich der Durchführung dieser Sittlichkeit nicht anbequemt, macht Hegel sinnfällig56, dass diese Art abstrakter Wille einerseits den Menschen ewig als Idealität abgefordert ist – und andererseits zu seiner Verwirklichung als übermächtige Gewalt gegen alle nicht so ideal gesonnene Willen existieren muss. Dass es diese Abstraktionen des Willens sind, die sich in allen Brutalitäten des Rechts bis hin zum Krieg Geltung verschaffen, das bringt Hegel ebenfalls zur Darstellung.

Alles in Allem gipfelt Hegels Darlegung der Befreiung des Menschen, die derselbe als denkendes Wesen gewinnt, ausgerechnet in seiner Entsubjektivierung. Nicht nur ist der an-und-für-sich-freie Wille nicht mehr ein Wille, für den ein Mensch sich entscheiden kann oder auch nicht. Als verwirklichter Begriff der Freiheit, also seine vollzogene Idee, hat sich das Recht in seiner Entfaltung, ausgehend von Person und Eigentum hin zum ausgebildeten Staat, von Bewusstsein und Willen der einzelnen Menschen emanzipiert, tritt ihnen letztlich als anderer Wille, objektiv und verpflichtend entgegen57.


Da Hegel diese abstrakte Freiheit, die er befürwortet, von ihrer essentiellen Fassung ausgehend nicht in als den Menschen gemäß verstandene Formen überführen kann, mag diese Freiheit und die praktische Beurteilung derselben seinem eigenen Verdikt unterworfen werden:

So sehr die Freiheit in sich konkret ist, so wurde sie doch als unentwickelt in ihrer Abstraktion an die Wirklichkeit gewendet; und Abstraktionen in der Wirklichkeit geltend machen, heißt Wirklichkeit zerstören.“ (HW 20, S. 331f) 58



7. Geistesgeschichte und Zeitläufte


Denkhistorisch kann Hegels Vorstellung der Freiheit als eines dem wie den Menschen enthobenen Prinzips dennoch als Errungenschaft gelten. Immerhin erkennt er – wie nach ihm, wenn auch anders Marx – ein Ausgeliefertsein des Menschen gegenüber einer anonymen und übermächtigen Instanz, die zwar von den Menschen geschaffen und vollzogen ist, aber als ihre zweite Natur von ihnen nicht erkannt noch unmittelbar gewollt sein muss.

Zeitgeschichtlich liegt Hegel allemal richtig, erfasst er doch begrifflich die heraufdämmernde bürgerliche Welt in ihren spezifischen Willensformen, und ergreift ideell Partei für diese und gegen die noch in herrschaftlichen Privilegien und Dienstbarkeiten verfangenen Verhältnisse und Zeitgenossen in ihrer herkömmlichen Willensgestaltung. So positioniert er sich theoretisch im Vorgriff auf bürgerliche Rechtlichkeit gegen das Recht der feudalen Lebensverhältnisse.

Sein Begriff der Rechtsperson in der Ausführung zur Idee der Freiheit transportiert so einerseits die Gewissheit, dass diese Art von Subjektivität sich historisch durchsetzen mag: Die Menschen als in sich vereinzelte bürgerliche Gestalten werden sich in dieses System von Recht bis zum Staat schon einfinden, werden sich seiner aktiven Durchführung nicht entziehen können59. Andererseits bleibt es dabei: diese Rechtsperson gibt es für Hegel nur in einer Idealität von Willen, sie ist für ihn nur jenseits eines substantiellen Grunds greifbar und als subjektiv wie objektiv durchsetzungsfähig vorgestellt.



8. Überschätzung der Idee, Notwendigkeit einer alternativen Begründung


Die Grundkategorien des Rechts sind mit diesen Ausführungen zu und damit auch mit Hegel als Entsubjektivierung der Menschen erkannt und beurteilt.

Zugleich ist Hegels Vorgehensweise der Erklärung dieser Kategorien in sich, in ihrer Logik der Unstimmigkeit überführt. Damit ist gerade nicht nur ein ihrem Inhalt äußerer Gesichtspunkt an Hegels Theorie herangetragen. Vielmehr ist so seinem eigenen Anspruch von inhaltlicher Logik genüge getan, nach welcher (auch) diese seine Theorie des Rechts allein zu beurteilen sei:

Die immanente Entwicklung einer Wissenschaft, die Ableitung ihres ganzen Inhalts aus dem einfachen Begriffe (sonst verdient eine Wissenschaft wenigstens nicht den Namen einer philosophischen Wissenschaft).“ (Rph §279 A )60.

Unabhängig von der Stimmigkeit seiner Ableitung überschätzt Hegel grundsätzlich den Begriff in seiner erweiterten Gestalt als Idee: Dass ein Begriff eines Gegenstandes zu seiner Verwirklichung nötige und als solche sich als vernünftig erweist, ist schon in dieser Allgemeinheit infrage zu stellen. Die Person mag, wie Hegel herausstellt, eine zentrale Kategorie des Rechts darstellen. Als Begriff eines dem Menschsein abträglichen Sachverhalts könnte auch die Negation dieser von den Menschen begriffenen Kategorie und ihrer Wirklichkeit nahe gelegt sein.


Man kann sich dennoch nicht damit begnügen, Hegels begrifflicher Darlegung nur ein Ungenügen und eine Widersprüchlichkeit in sich nachgewiesen zu haben. Mit der Widerlegung der logischen Entwicklung der Rechtskategorien Person und Eigentum aus dem Willen ist lediglich ihre absolute Rechtfertigung hinfällig. Auch wenn diese Rechtskategorien, wie hier mit Hegel, in ihrem Inhalt als Negation von menschlichen Bedürfnissen und Interessen bestimmt sind, ist noch nicht ihre darüber mögliche Nützlichkeit für ein gesellschaftliches Zusammenleben und auch für das menschliche Wohl infrage gestellt.

Die Rechtsperson als auch das Eigentum in den von Hegel gefassten Formen sind existente wie essentielle Phänomene, die in der von Hegel dargelegten sittlichen Welt von den Menschen angenommen sind und historisch fraglos gelten. Jenseits von Hegels Anstrengung dahingehend ist schon deshalb eine Erklärung für sie zu leisten.

Für eine grundsätzlich negative Beurteilung dieser Willensformen ist darüber hinaus eine Grundlegung dieser ihrer Inhalte in einem dem Menschen feindlichen substanziellen Prinzip zu leisten.


Hegel selbst hat sich einen Zugang zu einer tatsächlichen Unausweichlichkeit dieser Willensform für die historisch bestimmten menschlichen Subjekte mit einer Herleitung des Rechts aus dem zum Menschsein nur negativ gefassten, abstrakten Willen, und jenseits allen positiv bestimmten Wollens verbaut.


VI. Eine gegen Hegel gesetzte Begründung von Eigentum und Person61


Um eine sachgerechte Beurteilung des Rechts überhaupt zu leisten ist also eine andere begründende Systematik desselben darzulegen. Eine solche sollte im Gegensatz zu Hegels entfaltendem Begriff widerspruchsfrei und ohne Willkür in eben diesen erklärungsbedürftigen Rechtsmomenten münden. Allein mit der oft geübten Behauptung eines anderen begründenden Prinzips, wie sie oft von marxistischer Seite vorgebracht wird, wird es allerdings nicht getan sein62.


Eine derartige stringente begründende Erklärung lässt sich aber dennoch in den erscheinenden Formen des von Marx erschlossenen Heißhungers nach Mehrarbeit63, genauer: in den bürgerlichen Einkommensquellen erweisen.


1. Eigentum – abstraktes Haben durch Verleih gegen Geld


Hegel fixiert einerseits Eigentum als rein willentliches Verfügen als erste Daseinsform des Rechts, gegen den materiellen Besitz in seiner Faktizität. Andererseits folgert er dennoch den Besitz als die notwendige Daseinsform des Eigentums. Besitzen eines Gegenstands sei die Verwirklichung des rein geistig verfassten Eigentums. Allerdings kennt Hegel durchaus auch die Daseinsform Eigentum als wirkliche im Verleih.


Gegen diese Unentschiedenheit von Hegel kann herausgearbeitet werden, dass das Eigentum nicht nur als begrifflich abstrakt, sondern auch in seiner konkreten Wirklichkeit als abstrakt befunden und bestimmt werden kann. Als ein derartiges tatsächlich abstraktes Verfügen über den Gegenstand hat das Eigentum also gerade jenseits des materiellen Habens Existenz, als Willensakt der verleihenden Person. Verleih und damit Eigentum abgesondert vom Besitz existiert in der bürgerlichen Gesellschaft bei allen Formen von Einkommen, die Resultat der kapitalistischen Verwertung sind: Verleih von Geld erbringt Zins, Verleih von Natur findet statt gegen eine Pacht, Verleih des Menschen gibt es gegen Lohnzahlung, die zweckgerichtete Überlassung der Produktionselemente an den Lohnarbeiter resultiert in Unternehmergewinn. Das abstrakte Zuordnungsverhältnis des einen Subjekts zum Leihgegenstand erfährt eine Anerkennung des anderen Subjekts, zugleich wird das anerkennende Subjekt zur materiellen Nutzung des Gegenstands ermächtigt.


Damit ist behauptet, dass es nicht der Wille zu sich selbst unter Negation aller anderen Willensinhalte, sondern ein bestimmter gesellschaftlicher Akt aufgrund eines völlig anderen, substantiell positiven Prinzips ist, der das Eigentum notwendig macht:

Eigentum in seiner Substanz und seiner gesellschaftlichen Wucht ist Folge einer inhaltlich bestimmten und aus materiellem Interesse gewollten Transaktion in der kapitalistischen Gesellschaft: Verleih von Gegenständen zur Erzielung eines Einkommens, unter Vollzug des Heißhungers nach Mehrarbeit.

Diese Vorstellung, dass ein Verleihakt ein Eigentumsverhältnis sowohl hervorbringt als auch konkret beinhaltet, bekräftigt nur scheinbar Hegels Vorstellung des Eigentums als Willensakt. Tatsächlich ist ihm damit diametral widersprochen. Hegel befürwortet das Eigentum als alleiniges Willensverhältnis zwischen einem selbstbezogenen Willen und einem willenlosem Gegenstand als lediglich Materiatur dieses Willens. Der Verleih eines Gegenstands betrifft dagegen zum einen einen bestimmten Gegenstand; zum anderen ist er Tat zweier Willenssubjekte in Bezug auf denselben Gegenstand und aufeinander. Dieses ihr Subjektsein beruht auf etwas anderem als auf dem Willen allein. Es besteht in dem gegensätzlichen Bemühen von Menschen in der Teilhabe an der Verwertung von Wert.


Die Koinzidenz von Eigentum und Besitz bestimmt sich damit umgekehrt als dem begrifflichen reinen Eigentum im Verleih nachgeordnet, und das rein materielle Haben gerade nicht als die notwendige und einige Verwirklichung des Eigentums. Umgekehrt ergibt sich aus dem Eigentum qua Verleih der Besitz nicht nur als materielles Haben, sondern als rechtliches Verhältnis der Ermächtigung zu einem derartigen Haben, wie es im Recht dann tatsächlich Geltung gewinnt. Die Gesellschaftlichkeit des Vertrags beim Warenhandel zeigt sich des Weiteren nicht als Folge eines selbstgenügsamen, also unbestimmten Eigentumswillens. Waren und der Handel mit ihnen müssen in Eigentumsformen abgewickelt werden, weil die Ware Resultat eines kapitalistischen Produktionsprozesses auf der Grundlage von materiell interessierten Verleihakten darstellt.



2. Person – Lohnarbeiter als Subjekt abstrakt und des Eigentums


Die inhaltliche Bestimmung der Person als eine vom Menschen abstrahierte Gestalt und damit auch Subjekt des Eigentums ist von Hegel begrifflich herausgearbeitet: Die Person ist ein Subjekt, das von allem ihm Äußerlichen Abstand nimmt, und nichts zum Inhalt hat außer sich selbst in seinem abgehobenen Subjektsein. Damit ergibt sich eine inhaltlich arme, aber nicht nichtige Gestalt: nichts außer (selbstbezogenes) Subjekt zu sein, ist seine ganze Bestimmtheit.

Der Person als an-und-für-sich-freiem Willen sei es nach Hegel aufgegeben, sich in der Weltlichkeit von Gegenständen als Eigentum Dasein zu geben. Im tatsächlichen Willensalltag wie in Hegels systematischer Vorstellung ist es gerade dieses nur ideelle selbstbezogene Subjekt, dem im rechtsförmlichen Eigentumsverhältnis alle Gegenstände der Welt als Objekt, sowie auch sonstige Rechte wie Pflichten zugeordnet sind. In diesen abstraktem Subjekt machen sich alle ebensolche Subjekte gleich und gemein.


Gegen Hegel und seine Vorstellung einer durch nichts anderes als dem Willen selbst zu begründenden Hinwendung zum Personsein kann das Konzept vertreten werden, dass der Mensch in seiner Eigenschaft, genauer: seiner lebendigen gesellschaftlichen Aktivität als Lohnarbeiter die Person mit Notwendigkeit in einem kreativen Akt und über einen Zeitraum hinweg hervorbringen muss. Der Lohnarbeiter muss ein von ihm selbst, in seiner Leiblichkeit und sonstigen Geistigkeit, abstrahiertes Subjekt ausbilden, um im Verleih dennoch Subjekt zu sein und zu bleiben, in und während der gesamten Dauer der zeitweisen Weggabe seiner selbst, als lebendiges Verleih-Objekt. Der Lohnarbeiter64, und nicht etwa der Kapitalist, wie Marxisten es sonst sehen, ist damit als Grund für das rechtliche Personsein bestimmt. Er kann in seiner subjektiven Beschränktheit auf sich selbst als Prototyp allen Personseins gelten65. Dieser Eigentümer des Menschen ist der kleinste gemeinsame Nenner und Maßstab für alle anderen Eigentümer von bürgerlichen Revenuequellen, sowie aller rechtlichen Subjekte der bürgerlichen Gesellschaft. Nur als derartige abstrakte Subjekte können dann alle Mitglieder der Gesellschaft rechtlich als gleich genommen und gesetzt werden66.


Das hier als substantiell und deshalb begrifflich initial befundene Subjekt des Personseins, der Lohnarbeiter, mag historisch und für Hegel objektiv noch kaum absehbar gewesen sein. Diese Figur ist zu Hegels Zeit noch weit von ihrer Emanzipation zur Rechtsperson und gar zur staatstragenden politischen Teilhabe entfernt.


Mit dieser Herleitung der Grundkategorien des Rechts gerade nicht aus einer nur negativen Willenshaltung zur Welt, sondern einem positiv bestimmten Inhalt ist gerade kein romantischen Gegenentwurf zum hegelschen Recht formuliert. Vielmehr ist mit dieser inhaltlichen Substanz, wegen der und für die es das Recht gibt, sowohl das Recht selbst aber auch Hegels Idealisierung des Rechts begründet und abschließend desavouiert67.





Literatur:


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Anmerkungen


1G.W.F. Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts, u.a. Frankfurt 1972, zitierte als Rph; wegen der vielen verschiedenen Ausgaben Zitate nur nach Paragraphen (§), deren Anmerkungen (A) und Zusätze (Z), evtl. ergänzt durch diverse Erläuterungen in anderen Werkteilen (HW), speziell Logik (L), Enzyklopädie (E).

2§34: „Der an und für sich freie Wille, wie er in seinem abstrakten Begriffe ist, ist in der Bestimmtheit der Unmittelbarkeit.“ §43: „Die Person hat als der unmittelbare Begriff...“

3Die vielfältigen Besprechungen, Nachzeichnungen, Deutungen und Rekonstruktionen von Hegels Vorgehensweise sind insgesamt hilfreich, da es sich um einen nicht leicht zu verstehenden Text handelt. Vgl. eine Auswahl im Literaturverzeichnis. Dennoch kann auf sie nicht unbedingt gebaut werden, da sie die von Hegel dargelegten Schritte in der Regel nicht in ihren logischen Notwendigkeiten näher betrachten und beurteilen.

4Rph §33; Vgl. auch den Hinweis von Alfredo Bergés 2012 (192): „Eine Theorie, die den freien Willen zum alleinigen Prinzip aller Rechtsverhältnisse erhebt, muss einen begrifflichen Weg rekonstruieren, der von den basalen Tätigkeiten des freien Willens zur rechtserzeugenden Gestalt des Willens führt.“

5Sollte sich gegen Hegels Votum der Rechtswille nicht allein aus dem Willen der Menschen ergeben, ist die Freiheit im Recht, und damit das Recht, wie es vorliegt, grundsätzlich in Frage gestellt. Wie Jaeschke 2010 (S.377f) zurecht hervorhebt, ohne dieser Möglichkeit allerdings Raum zu geben: „in einer Welt, in der das Selbstbewusstsein nicht zu dieser im Personbegriff gedachten Allgemeinheit fortginge, gäbe es kein Recht“.

6Vgl. LII, S. 241 ff

7Vgl. LII, 303 + 305

8Auf keinen Fall ist damit die positive, etwa innovative Konnotation von Idee bedient, noch die nur negative in Bezug auf eine ihr nicht gemäße Tatsächlichkeit.

9Stekeler 2021, S.117: „Thema der Philosophie sind Praxisformen, also Ideen, nicht einfach Begriffe“, S.118: „Begriffe und Theorien im wirklichen Weltbezug“, „Hegel versteht… eine Idee explizit als hinreichend gut realisierter Begriff. Die Idee ist damit… ein Sein, genauer ein geformtes Wesen bzw. reale Seinsgestalt. Sie ist Vollzugs- oder Prozessform an und für sich.“ (Stekeler-Weithofer 2014, S.14)

10Hier erhellt sich auch die zur Zeit der Veröffentlichung der Rechtsphilosophie und auch heute noch von Kritikern als anstößig wahrgenommene Rede von „Was vernünftig ist, das ist wirklich, und was wirklich ist, das ist vernünftig“ (Rph, Vorrede XVIII). Wo bürgerliche Revolutionäre darin nur eine Rechtfertigung des traditionellen Staates sehen wollten, formulierte Hegel Recht als Idee gegen noch bestehende nicht-bürgerliche Rechtsverhältnisse. Die letzteren beurteilte er in ihrer Ausgestaltung damit als obsolet, hinfällig, ohne historischen Bestand, wenn auch im monarchischen Staat gipfelnd. Er formulierte darin nicht nur die List der Vernunft gegen alle nichtbürgerliche Herkömmlichkeit, sondern auch gegen die ihn beobachtende Zensur. Vgl. auch E §6.

11Vgl. auch E §172Z: „Richtigkeit und Wahrheit werden im gemeinen leben sehr häufig als gleichbedeutend betrachtet, und demgemäß wird oft von der Wahrheit eines Inhalts gesprochen, wo es sich um die bloße Richtigkeit handelt. Diese betrifft überhaupt nur die formelle Übereinstimmung unserer Vorstellung mit ihrem Inhalt, wie dieser Inhalt auch sonst beschaffen sein mag. Dahingegen besteht die Wahrheit in der Übereinstimmung des Gegenstandes mit sich selbst, d.h. mit seinem Begriff.“ (Kapitel über das „Qualitative Urteil“)

12Vgl. Rph Vorrede XX, wo er die Einzelheit und Besonderheit des Allgemeinen, also auch des Willens als keinen Gegenstand der Wissenschaft befindet: „Die unendlich mannigfaltigen Verhältnisse aber, die sich in dieser Äußerlichkeit, durch das Scheinen des Wesens in sie, bilden, dieses unendliche Material und seine Regulierung, ist nicht Gegenstand der Philosophie“

13Vgl. Schick 2010, S. 68, die eine „Entgegensetzung zwischen der inhaltlichen Bestimmtheit und der formalen Unbestimmtheit“ vermerkt.

14Dagegen kann Vieweg 2012, S.55 Hegels Wille als begriffliches Subjekt nachvollziehen: „Denken als Subjekt, „Indem er sich denkt, weiß der Wille (das Ich) seinen Begriff und ist der ´Wille als freie Intelligenz´ (E§481), sich selbst denkendes Subjekt.“

15Als Wille eines einzelnen Menschen resultiert der Wille in Hegels Rechtsphilosophie erst mit dem Willen des Menschen als Person, mit dem sich objektivierenden Inhalt Eigentum an einem konkreten Gegenstand.

16Iber 1998 wendet dieses Zitat lapidar gegen Hegels Folgerungen: „Besteht der Wille darin, von allem zu abstrahieren, was ihn als Wille ausmacht, so hebt er sich selbst auf.“ (S. 406). Iber verfolgt dann weder Hegels Bestimmung dieser Art Willen, noch den Fortgang zur Verwirklichung dieses Willens in Eigentum, sowie Moral und Sittlichkeit; noch bietet er für das tatsächlich existierende selbstbezügliche Subjekt und dessen Eigentumswillen eine inhaltlich alternativ begründende Erklärung.

17Dass Hegel schon in seiner Seinslogik die Notwendigkeiten der Entwicklung ausgehend vom Sein nur mit Rekurs auf Daseinsmomente und damit logisch brüchig zurechtlegt, hat Ilchmann 1992 herausgearbeitet.

18Hegel drückt sich in der Rechtsphilosophie in dieser Hinsicht entschiedener aus als in früheren Veröffentlichungen. In den Nürnberger Schriften (1808ff) finden sich Formulierungen, die noch Unklarheiten aufgeben und eine gegenläufige Entwicklung nahelegen: Das Recht besteht darin, daß jeder Einzelne von dem anderen als ein freies Wesen respektiert und behandelt werde...“ (HW4, S. 232), genauer: „Insofern jeder als ein freies Wesen anerkannt wird, ist er eine Person.“, (HW4, S.233). Hier kann noch das Missverständnis Platz greifen, die Kreation der Person ergebe sich notwendig nicht aus dem Willen selbst, sondern durch die Anerkennung der Menschen als Personen, also als Resultat eines gesellschaftlichen sich ins Benehmensetzen der Menschen zueinander. Aber auch hier gibt es schon gegenläufig interpretierbare Ausführungen dessen, was das Recht originär und in seinem Kern ausmacht: „Das Recht ist das Verhältnis der Menschen, insofern sie abstrakte Personen sind.“ (HW4, S.59), „Der Begriff der Persönlichkeit schließt in sich die Ichheit oder Einzelheit, welche ein Freies oder Allgemeines ist. Die Menschen haben durch ihre geistige Natur Persönlichkeit.“ (HW4, S. 233).

19Zurecht können die Vertreter der neueren Frankfurter Schule mit der Rechtsphilosophie Hegels ihre Intention, ein (anderes) gesellschaftliches Recht als Konsens über Anerkennung zu erreichen, nicht betreiben und ziehen es deshalb vor, an einem früheren hegelschen Gedanken anzuknüpfen.

20Das kann gegen die Vorstellung dahingehend bei Iber 1998 und 2015, und bei Schick 2010 vorgebracht werden

21Stekeler 2021 zu Rph§7, S. 166: „Nur ihre Aufhebung im erfolgreichen Tun ´erhält´ die Absicht.“

22Die neue Generation der Frankfurter Schule nimmt diese Entpolitisierung der Gesellschaft, die mit dem Recht einhergeht, durchaus wahr, allerdings nicht in der Art des Willens der Person, sondern erst im fertigen Eigentumsrecht. Vgl. Honneth 2011, S.129ff, sowie Menke 2015, Loick 2017. Ohne relevante Kritik an dem Vorgehen der Rechtsphilosophie Hegels meinen sie durch Rückbesinnung auf seinen vorrechtlich anerkennenden Geist ein gesellschaftliches Sollen neu formulieren zu können.

23Hier bezieht er sich auf Kant

24Den ihm geläufigen logischen Faux pas, das Allgemeine (Obst) neben seiner Besonderung (Äpfel, Birnen…) Existenz annehmen zu lassen, will Hegel darin nicht erkennen.

25Bergés 2012 zeichnet die Vorgehensweise von Hegel bzw. ihre Bruchstellen und Widersprüche nach: „Der Einzelwille ist daher im Naturzustand in sich berechtigt,...“(195). Aber: „der freie Wille kann nicht unmittelbar als eine rechtserzeugende Instanz thematisiert werden“ (198), „Der freie Wille kann die letzte Quelle aller Rechtsverhältnisse nur deshalb sein, weil er schon immer eine ursprünglich berechtigte Instanz ist“, „Der Einzelwille hat im Naturzustand ein ´Recht auf alles´.“). Vgl. auch Flickinger 1976, 533, der die „Inkongruenz“ von Wille und an-und-für-sich-freiem Willen herausstreicht.

Wohingegen Neuhouser 2016 Hegels Vorgehensweise, für die Entwicklung des Rechts einen Willen jenseits des an-sich-freien Willens erst herauszuarbeiten, vollständig übergeht. Er lässt Hegel das Recht schlicht aus dem nicht näher bestimmten freien Willen folgern bzw. er übernimmt Hegels resultierendes Urteil, dass nur der an-und-für-sich-freie Wille freier Wille ist, ohne Hegels Weg dahin darzustellen und zu beurteilen.

26Schick 2010, S. 74: „die Diagnose des unmöglichen, weil widersprüchlichen Begriffs… Für ein gegebenes Individuum,…, stellt sich die Bestimmung der Personalität in der Tat als Widerspruch dar….Bild eines sich zerrüttenden Subjekts.“ Schick kann so einerseits Hegels Gedankenlinie vom Willen zum an-und-für-sich-freien Willen, und von da zu den Rechtsformen nicht folgen. Mit ihrer Plausibilisierung der Personalität „rückwirkend“ und umgekehrt, vom fertigen Recht her, befürwortet sie dann allerdings eine Erklärung des Rechts durch sein staatliches Gesetztsein, ohne Rekurs auf logisch vorhergehende Momente des Willens: „Die Abstraktion – in der Betätigung des eigenen Willens auf sich als abstraktes Ich bezogen zu sein – gewinnt ihre Selbständigkeit, ihre Wirklichkeit gegen die Realität des Willens als die grundlegende Setzung des Subjekts zum Rechtssubjekt.“

27Die Ähnlichkeit der rechtlichen Abstraktion des an-und-für-sich-freien Willens mit der Verrücktheit als psychischer Krankheit ist Hegel nicht fremd. Zumindest kommt er bei der Abhandlung der Verrücktheit in der E §408 darauf zu sprechen, dass in diesem Krankheitszustand „die abstrakte formelle Subjektivität über das objektive, vernünftige, konkrete Bewußtsein die Herrschaft bekommt,...“, sowie dass „in der Rechtsphilosophie ein ähnlicher Fortgang stattfinden muß.“

28Die Person in ihrer Geistigkeit mag von Hegel als begriffliche Grundelement des Rechts vorgestellt sein, sie ist für ihn aber ausdrücklich nicht das erste Moment seiner Wirklichkeit, sondern das ihr systematisch vorgelagerte wesentliche, aber noch nur ideelle Moment des Rechts: Die Person ist von Hegel zwar als Teil von „DAS ABSTRAKTE RECHT“, §§34-40 ausgeführt, das Kapitel ERSTER ABSCHNITT: DAS EIGENTUM“ (Rph §41ff) hebt aber erst an nach der Vorstellung der Person. D.h. die Person ist zwar als Teil des abstrakten Rechts genommen, aber als nur geistiges Moment logisch von seinem erscheinenden Dasein im Eigentum getrennt und ihm vorausgesetzt. Diese Unterscheidung wird in der Enzyklopädie (E §488) nicht so deutlich herausgestellt, aber ebenfalls kenntlich gemacht: „Der freie Wille ist: A. Selbst zunächst unmittelbar und daher als einzelner, – die Person; das Dasein, welche diese ihrer Freiheit gibt, ist das Eigentum.“ (E § 487).

29„… das Recht, welches nicht nur als das beschränkte juristische Recht, sondern als das Dasein aller Bestimmungen der Freiheit umfassend zu nehmen ist.“ (E §486). Wegen des gefolgerten Einschlusses sozialer Elemente und insbesondere des Wirtschaftslebens als „System der Bedürfnisse“ in das hegelsche Rechtssystem meinen manche Rezipienten von Hegel, seine logischen Abfolge anders, gar gegenläufig akzentuieren zu können, ohne seine grundlegenden Momente und Folgerungen einer Beurteilung unterziehen zu müssen. Vgl. u.a. Sven Ellmers, der die Korporation gegen Hegels Prinzip derselben liest: Freiheit und Wirtschaft + ders. (Hg) Korporation und Sittlichkeit; oder auch die Anerkennungsphilosophie der neueren Frankfurter Schule in allen ihren Ausprägungen. Diese Sichtweisen verdrehen letztlich das abstrakte Rechtssubjekt von Hegel zur Folge gesellschaftlicher Akzeptanz durch andere Subjekte. Dabei ignorieren und negieren sie es in seinem von Hegel so vorgestellten prinzipiellen Subjektsein, indem sie es gegen Hegels Darlegung als primär sozial geschaffenes Objekt befinden, aber ein gesellschaftliches Prinzip für es gerade nicht entwickeln. Vgl. auch Kilian Stein.

30vgl. Hüning 250: „Rückgriff auf die Kategorien der Seinslogik“

31Eine Ahnung davon mag Hegel schon in seiner Verabschiedung der Geistigkeit des Christentums ereilt haben: „Das Schicksal des Eigentums ist uns zu mächtig geworden, als dass Reflexionen darüber erträglich, seine Trennung von uns denkbar wäre.« G. W. F. Hegel, Der Geist des Christentums und sein Schicksal, in: HW 1, S. 333; auch wenn diese distanzierte Betrachtung des Eigentums noch dem materiellen Haben gelten mag und nicht der überhöhten Form des Habens seiner Rechtsphilosophie.

32Mohseni 2014, S.75

33Hegel war sich über die gesellschaftliche Rücksichtslosigkeit der Person durchaus im klaren. Ihm war auch ein Pöbel mit Eigentum und Reichtum geläufig. Ruda 2011 liegt da völlig schief, dem Pöbel als abstrakten Antipoden der hegelschen Person eine Aufhebung des Rechts anzudichten. Vgl. https://www.kritiknetz.de/wissenschaftrezensionen/1403-hegels-poebel-als-alternative-idee

34In seinen Frühschriften kennt Hegel das Eigentum noch als materielles Haben und als solcher fragwürdig vom Standpunkt christlicher Moral, wenn auch schon unausweichlich. Das Eigentum in seiner bürgerlichen Abstraktheit und Notwendigkeit ist da von Hegel allerdings noch nicht erfasst und in seinem gesellschaftlichen Gehalt erst zu entwickeln. Vgl. Der Geist des Christentums und sein Schicksal; W1, 333: „Das Schicksal des Eigentums ist uns zu mächtig geworden, als dass Reflexionen darüber erträglich, seine Trennung von uns denkbar wäre“. Vgl. dazu Eichenseer 1989, und Sagriotis 2012, S. 158-162

35Vgl. Bergés 2012, S.195: Der Einzelwille hat im Naturzustand ein ´Recht auf alles´.“ „Der Einzelwille ist daher im Naturzustand in sich berechtigt,...“. Allerdings: „Der freie Wille kann nicht unmittelbar als eine rechtserzeugende Instanz thematisiert werden“ (Bergés 2012 198)

36Die Darlegung des logischen Entwicklungsverhältnisses von Eigentum und Besitz nimmt Hegel in seinen früheren Schriften geradezu gegenläufig vor: „Der Besitz wird zum Eigentum oder rechtlich, insofern von allen anderen anerkannt wird, daß die Sache, die ich zur meinen gemacht habe, mein sei...“ (HW 4, S.237). Die Anerkennung durch andere Subjekte ist dagegen in seiner Rechtsphilosophie logisch nachrangig, sie bezieht sich auf das aus seinem reinen Willensakt heraus fertige Rechtssubjekt und seine schon vollzogene Verwirklichung als Eigentum an Gegenständen.

37Hier müsste klärend korrigiert werden: „des Gegenstands“, weil die „Sache“ qualitätslos nur als Eigentumsobjekt firmieren kann und als solche keine Veränderung und weder Gebrauch noch Verbrauch erfährt.

38z.B. „ganze Weltteile…, haben diese Idee nie gehabt und haben sie noch nicht“(E §482)

39Vgl. für diese Vorgehensweise Stein 2010 und 2012, und Nuss 2006

40Auch wenn das feudale Recht mit ihrem herrschaftlichen Verfügen ebenfalls eine Geistigkeit auf ihrer Seite hatte, die christlich-religiöse, wie eine gesellschaftliche Ordnung der Stände und ihre autoritär-militärische Macht zur Durchsetzung. Beide Elemente dieser vorbürgerlichen Idealität und Rechtlichkeit erfahren allerdings zu Hegels Zeiten Zerrüttung und Auflösung.


41Siehe auch Nürnberger Schriften, HW4, S. 237: „Es ist möglich daß ich ein Eigentum habe, ohne davon in Besitz zu sein. Wenn ich z.B. einem anderen etwas leihe, so bleibt dies immer mein Eigentum, ob ich es gleich nicht besitze.“

42mit dem festen Haben von Dingen hätte der Mensch die – … – Bedingungen der Religion, nämlich von absoluter Objektivität frei zu sein, sich über endliches Leben erhoben zu haben; er wäre unfähig der Vereinigung mit dem unendlichen Leben, weil er noch für sich etwas behalten [hätte], noch in einem Beherrschen begriffen oder unter einer Abhängigkeit befangen wäre...“ (Manuskript Systemfragment. HW1, 424)

43Diese Erhebung des Menschen, nicht vom Endlichen zum Unendlichen – denn dieses sind nur Produkte der bloßen Reflexion, und als solcher ist ihre Trennung absolut – , sondern vom endlichen Leben zum unendlichen Leben ist Religion.“ (HW1, S. 421)

44Vgl. Zhang 1991, S. 139 ff

45Die Spekulation auf einen solchen jenseitigen Willen nimmt Hegel als das „Positiv-Vernünftige (E §82) des Willen, stellt ihn darin aber auch der unbestimmten wie irrationalen Gewissheit des Mythos gleich: „Hinsichtlich der Bedeutung des Spekulativen ist hier noch zu erwähnen, daß man darunter dasselbe zu verstehen hat, was früher, zumal in Beziehung auf das religiöse Bewußtsein und dessen Inhalt, als das Mystische bezeichnet zu werden pflegte.“ (E §82Z)

46Stekeler-Weithofer 2014 betont die „Idee als Gesamt von Praxisformen“ (11), und streicht die Differenz zum Begriff heraus: „… den besonderen Kontrast zwischen Idee und Begriff, also zwischen Vollzugsform und Vorstellungsform.“, Stekeler,, S.14. „Die Idee ist dabei...längst schon reale Grundform der jeweils zu thematisierenden Praxis. Der Begriff ist die verbale Explikation der als empraktische Vollzugsform zunächst bloß impliziten Idee.“ (12)

47Den menschenfeindlichen Inhalt von Hegels Gedankenführung erst in den Kriegshandlungen des Staates zu entdecken und abzulehnen, greift zu kurz. Vgl. u.a. Theobald Ziegler: Hegels Anschauung vom Krieg, in: Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie , 1912/1913, Vol. 6, No. 1 (1912/1913), pp. 88-96, Franz Steiner Verlag, https://www.jstor.org/stable/23683007

48Vorrede: „Die Vernunft als die Rose im Kreuze der Gegenwart zu erkennen und damit dieser sich zu [27] erfreuen, diese vernünftige Einsicht ist die Versöhnung mit der Wirklichkeit, welche die Philosophie denen gewährt, an die einmal die innere Anforderung ergangen ist, zu begreifen und in dem, was substantiell ist, ebenso die subjektive Freiheit zu erhalten sowie mit der subjektiven Freiheit nicht in einem Besonderen und Zufälligen, sondern in dem, was an und für sich ist, zu stehen.“. Neuhouser 2016: „Ziel der Philosophie des Rechts ist es, die moderne gesellschaftliche Welt auf eine Art und Weise zu begreifen, die zeigt, dass diese Welt vernünftig ist und dass ihre Forderungen an uns gerechtfertigt sind.“

49Das darf dennoch nicht als schlichtes Sollen verstanden werden, sondern als innere Folgerichtigkeit aus dem Primat des an-und-für-sich-freien Willens. Dass, wie und wieso reelle Menschen mit nicht-ideellen Gründen darauf verfallen könnten, ihre subjektive Freiheit in abstrakten Willensformen zu verfolgen und auszugestalten, und darüber das Recht zu vollziehen, bleibt bei Hegel allemal ausgespart.

50Vgl. Hüning 2002

51Diese Einheit des vernünftigen Willen mit dem einzelnen Willen, welcher das unmittelbare und eigentümliche Element der Betätigung des

ersteren ist...“ (E §485)

52Rph §3: „Bedeutung einer an und für sich gültigen Rechtfertigung.“

53Vgl. Eichenseer 1989; sowie Jamme 1983; vgl. auch hellsichtig wie vermutlich auch distanziert Heine: „,,, die Freyheit ist eine neue Religion, die Religion unserer Zeit.“ (7,269 Historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke. Düsseldorfer Ausgabe, Hamburg 1973-97)

54Hegel imaginierte in den Tübinger Fragmenten schon früh eine „subjektive Religion“; vgl. Fujita, 17ff. Ausgehend vom Inbegriff der Subjektivität, dem Willen, formuliert er dann in der Rechtsphilosophie positiv und sich objektivierend die bürgerliche Religion der Freiheit, als Voranschreiten der die Menschen einigenden Vernunft, wenn auch gegen die dumpfe Gewissheit des unterwürfigen Glaubens. Hier könnte die im Text „Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus“ (HW1, 234) geforderte, und eher Schelling zugeschriebene „neue Mythologie“ ausformuliert sein, „eine Mythologie der Vernunft, als „neue Religion“ (236); vgl. Flickinger 2008,S.97: „Hegel zielt auf die Ausarbeitung dessen ab, was man das Konzept einer säkularen Ethik nennen könnte.“

55Vgl. Eichenseer 1997.

56Dieses Moment hat Ruda 2011am Pöbel herausgearbeitet. vgl. dazu https://www.kritiknetz.de/images/stories/texte/Haslbauer_Frank_Ruda.pdf

57Die Freiheit, zur Wirklichkeit einer Welt gestaltet, erhält die Form von Notwendigkeit...“ (E 484), der Mensch schafft darin eine „zweite Natur“, allerdings als sein Naturhaftes aus dem Geist selbst.“ Schnädelbach 2000, S.293

58Im Zusammenhang: „So sehr die Freiheit in sich konkret ist, so wurde sie doch als unentwickelt in ihrer Abstraktion an die Wirklichkeit

gewendet; und Abstraktionen in der Wirklichkeit geltend machen, heißt Wirklichkeit zerstören. Der Fanatismus der Freiheit, dem Volke in die Hand

gegeben, wurde fürchterlich.“ , wohl in kritischer Bezugnahme auf die französische Revolution, HW 20, S. 331f

59„… aber indem der Begriff des Staates so wesentlich ihre Natur ausmacht, so ist er als so mächtiger Trieb in ihnen, daß sie ihn, sei es auch nur in der Form äußerer Zweckmäßigkeit, in Realität versetzen oder ihn so sich gefallen lassen gedrungen sind, oder sie müßten zugrunde gehen.“ (LII, 465)

60Vgl. auch in der Vorrede: „... das Ganze wie die Ausbildung seiner Glieder auf dem logischen Geiste beruht. Von dieser Seite möchte ich auch vornehmlich, daß diese Abhandlung gefaßt und beurteilt würde.“ (V-VI); sowie seine Ablehnung jeder Kritik, die sich nicht um „eine wissenschaftliche Abhandlung der Sache selbst“ (XXIV) bemüht.

61Vgl. ausführlich: Haslbauer 2010

62Vgl. z.B. Ottmann 1982 und Theunissen 1982, die in der Besprechung der hegelschen Rechtsphilosophie gegen Hegel eine Herleitung des abstrakten Rechts aus der ökonomischen Sittlichkeit der bürgerlichen Gesellschaft befürworten, aber Hegels gegenläufige logische Darlegung gar nicht angehen. Ähnlich Iber 1998 und 2015. Ruda 2011 meint sogar bei Hegel selbst diese entgegengesetzte logische Entwicklung schon vorzufinden. Noch anders dazu Eichenseer 1997 und Dorschel 1992, die die fortschreitende Entzweiung statt Versöhnung durch das Recht entlang der hegelschen Rechtsphilosophie näher ausführen. Hüning 2002 und Iber 1998 und 2015 betonen v.a. die Unterwerfung durch das entwickelte Recht, setzen also als primäres Element des Rechts den Willen des fertigen Staatsgebildes, des nach Hegel finalen Elements der Sittlichkeit. Die neuere Frankfurter Schule ignoriert Hegels Darlegung in der Rechtsphilosophie völlig, und meint, aufbauend auf einen früheren Hegel der vor-rechtlichen Anerkennung eine normative Entwicklung aus einer geistigen Gesellschaftlichkeit herleiten wie auch empfehlen zu können. Krijnen (S.180) bekräftigt einerseits Hegels logisches Prinzip im abstrakten Recht, und streicht heraus, dass Moral und Sittlichkeit nur dessen gefolgerte Wirklichkeit darstellt, um dann andererseits das Sittliche als „Grundlage des abstrakten Rechts“ bei Hegel zu zitieren. All diese gegenläufigen Hinweise und ambivalenten Meinungen können nicht davon entlasten, eine zu Hegel alternative Erklärung in aller logischer Stringenz tatsächlich zu entwickeln.

63Vgl. die Darlegung von Rünzi 2019, der die begriffliche Grundlage dieser Kategorie für eine korrigierte Entwicklung der marxschen Systematik herausarbeitet.

64Bei Hegel kommt die Lohnarbeit als gesellschaftliche Tätigkeit für sich gar nicht vor. Soweit doch von ihr die Rede ist, betrifft es nur ihre rechtlichen Wertigkeit und Stellung, also logisch nachgeordnet als Ausführung schon bestehender Rechtssubjektivität. Erst in der „Entäußerung des Eigentums“ deutet sich auch die Lohnarbeit als eine mögliche Folgerung aus einem bestimmten Eigentumsverhältnis, dem an sich selbst als Mensch, an. Keinesfalls ist von Hegel damit eine Begründung des allgemeinen Eigentumsverhältnisses und der Rechtsperson bedacht.

65Auch die traditionelle marxsche und so übernommene marxistischen Vorstellung ist damit verworfen, Rechtsperson zu sein erkläre sich dadurch, dass Menschen sich in der Warenzirkulation gegenseitig anerkennen.

66Hier mag der historische Tatbestand zu verorten sein, warum erst mit der Emanzipation des Lohnarbeiters zum Rechtssubjekt ein gleichmacherisches Person-Sein für alle (auch für die weiblichen) Subjekte der bürgerlichen Gesellschaft anstand, von einer Arbeiterbewegung politisch verfolgt und im modernen Rechtsstaat durchgesetzt wurde; aber auch, warum gerade den Unternehmer-Subjekten die Reduktion auf eine abstrakte Rechtsperson im gesellschaftlichen Reigen auch weiterhin immer wieder abgerungen werden muss.

67Das richtet sich etwa gegen Arndt 2015, der es für unumgänglich hält, die Rechtskategorien im hegelschen Verständnis für ein vernünftiges gesellschaftliches Leben anzunehmen.